Genau dreiunddreißig Jahre hatte ein Ehepaar in seinem ersten Haus gelebt, dann war es an der Zeit, sich einen kleineren Ruhesitz zuzulegen. Da mit dem Umzug auch viele Erinnerungen zurückbleiben würden, schlugen Megumi Matsubara und Hiroi Ariyama vom Tokioter Büro Assistant ein ungewöhnliches Experiment vor: Als Ausgleich für diesen Verlust sollte das neue Haus, gelegen nahe des weltberühmten Tōdai-ji-Tempels im zentraljapanischen Nara, bereits im Herstellungsprozess mit Erinnerungen angereichert werden.
Hierfür wurde das Haus als Kombination aus drei unabhängigen Elementen geplant, von denen zwei zunächst ihr eigenes Leben an anderen Orten haben würden. In Nara wurde erst mal nur eine äußere Hülle aus Stahl und Polycarbonatplatten installiert, während gleichzeitig im benachbarten Aomori die späteren Innenräume als Teil einer Kunstinstallation entstanden. In Sendai wiederum entwarfen Architekturstudenten in Rahmen eines Seminars einen kleinen Pavillon namens Ghost House, der als Hommage an Philip Johnsons gleichnamiges Bauwerk einen Sommer lang als Kräutergarten zum Einsatz kam, um dann später auf der rückwärtigen Terrasse des neuen Hauses seinen Platz zu finden.
Nach dieser fast zweijährigen Vorgeschichte wurden schließlich alle Elemente in Nara zum neuen Haus kombiniert. Auf dem schmalen, länglichen Grundstück entwickelt sich dieses als offene Raumfolge über mehrere eingestellte Pavillons und Ebenen hinweg. Im dunklen mittleren Teil befindet sich der Schlafraum, während darum herum die Wohnräume angeordnet sind. Der schönste Teil des Hauses unterm Dach ist dagegen der Badewanne vorbehalten, von der aus man den Blick über das nahe Bambuswäldchen des Tempels schweifen lassen kann. So ist der Ruhesitz des Ehepaares gleichermaßen ein Ort für neue Ereignisse, wie er auch der Kontemplation des Vergangenen dient.
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Diego | 28.10.2013 16:13 Uhrrüstige Alte
Wunderbar bescheiden und leicht.
Jedoch...ein Altersruhesitz mit steilen Treppen und Minimalgeländern bleibt wohl Japanern vorbehalten....