Im Sommer 2015 befindet sich die Berliner Mitte im Richtfest-Wahn: Das Stadtschloss feierte groß vom 12.–14. Juni, einen Tag später folgte die Barenboim-Said Akademie und seit gestern hängt der Richtkranz über der Staatsoper Unter den Linden. Verantwortlich für die Generalsanierung des denkmalgeschützten Ensembles zeichnet das Büro HG Merz, die Architekten und Museumsgestalter mit Sitz in Stuttgart und Berlin erhielten dafür 2009 den Auftrag.
Für HG Merz war es keine ganz einfache Ausgangslage. 1743 von dem Architekten Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff gebaut wurde die Staatsoper Unter den Linden im Laufe ihrer über 250-jährigen Geschichte mehrfach umgebaut. Die heutige Oper ist ab 1951 vom Architekten Richard Paulick gestaltet worden – sie steht seit 1979 unter Denkmalschutz. Unter dem strengen Auge der Denkmalpflege beseitigen HG Merz nun bautechnische Mängel und bringen das veraltete Ensemble auf ein zeitgemäßes sicherheitstechnisches Niveau. Einen zentralen Baustein bildet der unterirdische Verbindungsbau zwischen Operngebäude, Intendanz und dem neuen Probenzentrum – dieser wurde bereits 1955 realisiert und musste erneuert werden. Und um die Akustik zu verbessern, wurde das Dach innerhalb des Zuschauerraumes fünf Meter angehoben. Nachhallgalerie nennen die Architekten diesen neuen Raum oberhalb der Ränge.
Durch die Anhebung der Saaldecke erhöht sich das Saalvolumen um fast die Hälfte des Gesamtvolumens und erreicht so die gewünschte Raumresonanz mit einer Nachhallzeit von 1,6 statt vorher 1,1 Sekunden. Um die Lücke zum Bestand zu schließen, wurde ein optisch geschlossenes aber akustisch transparentes Netzwerk entwickelt, „das sich durch die Aufnahme vorhandener Motive und Übertragung in eine zeitgemäße Formensprache und Materialität weder anbiedert noch kontrastierend auftrumpft, sondern sich im Sinne des Weiterbauens im Denkmal in den Bestand einfügt“, so das Landesdenkmalamt. Der Bühnenturm konnte mit aufwändigen Sonderkonstruktionen vor dem Einsturz gerettet werden.
Wegen Firmeninsolvenzen sowie Schwierigkeiten mit dem Grund und der Bausubstanz sind die Arbeiten an der Staatsoper vier Jahre hinter Plan. Manches konnte nicht vorhergesehen werden, etwa Fundamentreste der barocken Berliner Bastionen in 17 Metern Tiefe.
Die Kosten sind dabei von 239 auf inzwischen rund 400 Millionen Euro gestiegen. Ab Herbst 2016 sollen aber Intendanz und Probenzentrum fertiggestellt sein, die Nutzung durch die Oper soll Ende 2016 erfolgen können. Die Wiedereröffnung nach den Sanierungsarbeiten ist für Oktober 2017 geplant – also noch lange vor der Eröffnung des Humboldtforums. Die Staatsoper gastiert während der Sanierungszeit nahe der Deutschen Oper im Schillertheater. In dem Gebäude Unter den Linden ist diesen Sonntag Tag der offenen Baustelle.
Fotos: Christian von Steffelin
Zum Thema:
www.staatsoper-berlin.de
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