Mit dem Haus Havanna und seiner eindrucksvollen neuen Glasbausteinfassade ist das Magazin 2 der Tabakfabrik im österreichischen Linz für neue Nutzungen ertüchtigt. Die Pläne stammen von kaltenbacher Architektur (Scheiblingkirchen) und Steinbauer architektur+design (Wiener Neustadt).
Die Linzer Tabakfabrik hat architekturhistorisch überregionale Bedeutung. Ein Großteil der Bauten auf dem rund 38.000 Quadratmeter umfassenden Gelände entstand zwischen 1928 und 1935 nach Plänen von Peter Behrens und dem österreichischen Industriearchitekten Alexander Popp. Sie gelten als erste Stahlskelettbauten Österreichs im Stil der Neuen Sachlichkeit. Nach Ende der Produktion 2009 kaufte die Stadt Linz das Areal und gründete die Tochtergesellschaft Immobilien Linz GmbH & Co KG. Diese baut es seitdem laut Geschäftsführer Markus Eidenberger zu einem „Standort für Kreativwirtschaft, Startups und Digitalisierungschampions“ aus.
„Vom unbelichteten Tabakmagazin zum funkelnden Workspace“ heißt die Schlagzeile des jüngsten Bauteils, für dessen Umbau das Team kaltenbacher Architektur und Steinbauer architektur+design einen offenen Wettbewerb gewonnen hatte. Aufgabe war es, in dem nahezu fensterlosen Stahlbetonskelettbau aus den 30er Jahren auf sieben Geschossen 300 Arbeitsplätze unterzubringen.
70.000 neue Glasbausteine auf einer Fläche von 1.800 Quadratmetern bringen nun Licht in die einst dunklen Räume und schreiben die denkmalgeschützte Architektur ins 21. Jahrhundert fort. Damit wollten die Architekt*innen „die ausgewogene Balance des Industriedenkmals von Peter Behrens trotz eines neuen Fassadenstatements nicht in seiner starken Präsenz stören, sondern durch ein denkmalpflegerisches Konzept ergänzen.“
Dabei verschwindet die tragende Stahlkonstruktion im Inneren der Glasbausteinfugen und wird ausschließlich horizontal in Form einer tragenden Fensterbänderung sichtbar. Die Stahlfenster gliedern sich wiederum im Raster der denkmalgeschützten Betonskelettstruktur und ermöglichen durch eine Schwingflügelöffnung, ebenfalls als Zitat auf das historische Vorbild, eine natürliche Belüftung. Als Kontur zwischen Alt und Neu wird die Glasbausteinfassade von einem schwarzen Stahlband umschlossen, das seinen Abschluss in einem neuen Vordach findet. Dessen Vorgänger war in den 60er Jahren verloren gegangen.
Ein neues, aufwändig gestaltetes Treppenhaus erschließt die Büroflächen. Die Regelgeschosse orientieren sich am Achsraster des denkmalgeschützten Entwurfs. In den unbelichteten Außenecken entstanden vier neue Sanitärzonen. Der Raum dazwischen kann von den Nutzer*innen individuell gestaltet werden. Das Gebäude umfasst eine Nutzfläche von 8.000 Quadratmetern. Die Baukosten werden mit 8 Millionen Euro angegeben.
Haus Havanna ist seit April 2022 an Firmen mit dem Schwerpunkt Digitalisierung vermietet. Das Kraftwerk auf dem Gelände der Tabakfabrik ist nach Plänen von Schremmer-Jell Architektinnen (Linz) ebenfalls umgebaut worden. Darin befindet sich eine kleine Brauerei mit Gasthof und ein Veranstaltungssaal. Die Neubauten unter dem Projektnamen „Quadrill“ nach Plänen von Zechner & Zechner (Wien) sind im Bau und sollen 2025 fertig sein. (fm)
Zum Thema:
Mit der Tabakfabrik befasst sich auch die Baunetzwoche#303 „Tabakikonen“.
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Undurchsichtig | 08.08.2023 23:00 UhrFotos
Wieso gibt es kein Foto der Raumwirkung, eine Totale, etwas raumgreifendes? So ein Koloss, so eine stringente Sprache und dann bekommen wir nur Details zu Gesicht. Schade.