Die Gesamtschule Gießen-Ost GGO hat sich ein beeindruckendes Umbauprojekt vorgenommen, um sich räumlich und pädagogisch zeitgemäß auszurichten. Dazu soll der 1968 eröffnete Bestandsbau in mehreren Bauabschnitten saniert, teilweise rückgebaut, an anderen Stellen erweitert und um Neubauten ergänzt werden. Verantwortlich für das pädagogisch ambitionierte Projekt ist das Stuttgarter Büro Lamott.Lamott Architekten, die vor fünf Jahren den begrenzt offenen Wettbewerb nach RPW 2013 für sich entscheiden konnten.
Der Umbau erfolgt bei laufendem Schulbetrieb. Ende letzten Jahres wurde der erste Bauabschnitt abgeschlossen. Zeit für einen Blick auf das insgesamt 30.000 Quadratmeter Bruttogrundfläche umfassende Projekt, das sich noch bis Ende des Jahrzehnts hinziehen dürfte. Über die dreigeschossigen Bestandsbauten schreiben die Planer*innen, dass sie – nicht zuletzt aufgrund verschiedener Um- und Anbauten – „erhebliche räumliche sowie brandschutztechnische Probleme“ aufweisen. Darüber hinaus fehlt im Inneren „jegliche Aufenthaltsqualität“. Durch die Baumaßnahmen soll die Schule in eine offene Lernlandschaft mit neun jahrgangsspezifischen Clustern transformiert werden.
Grundidee der Planer*innen ist es, eine Struktur aus zwei Reihen mit je drei dreigeschossigen „Häusern“ zu realisieren. Ein siebtes, etwas schmaleres Haus schließt lotrecht im Norden an und leitet über zu einer Grundschule (die nicht Teil des aktuellen Umbaus ist). Vier dieser sieben Häuser sind Bestand. Die übrigen drei Häuser, die südlich des Bestands aufgereiht werden, sind Neubauten. Um diese realisieren zu können, müssen ein Trakt sowie zwei kleinere Bauten abgerissen werden. Ersterer sei kein reiner Skelettbau und deshalb konstruktiv leider nicht flexibel genug, um umgebaut werden zu können, erklärt Ansgar Lamott.
Der Ende letzten Jahres abgeschlossene erste Bauabschnitt (das sogenannte Haus 3) ist ein Umbau und zeigt gut, um was es Architekt*innen und Pädagog*innen geht. Das Haus ist für die je fünfzügigen Jahrgangsstufen 5 und 6 bestimmt. Der genaue Blick auf die Cluster in den beiden Obergeschossen verrät, dass man das Prinzip hier ernst nimmt. Das sieht man nicht zuletzt daran, dass fünf der sechs „Klassenräume“ keine Türen haben, sondern sich mit breiten Durchgängen zum zentralen Raum des Clusters öffnen. Um die akustischen Herausforderungen in den Griff zu bekommen, wurden Lochdecken und Absorberbaffles eingesetzt und die Cluster auf diese Weise „überdämpft“, so die Architekt*innen.
Bei den Wänden zwischen den Klassenbereichen und der zentralen Lernlandschaft des Clusters arbeiteten Lamott.Lamott über weite Strecken mit „Schrankwänden“. Durch integrierte Regale, Schränke, große Glasflächen und gepolsterte Bänke wird die Wand zum „bewohnbaren Element“. All diese Maßnahmen sind nur aufgrund der hervorragenden Bauherrschaft möglich, betont Lamott. Mit Schulleiter Frank Reuber und seinem Team könne man sich auf wunderbare Weise „die Bälle hin und her werfen“, um pädagogische und architektonische Ideen produktiv zusammenzuführen.
Aktuell arbeiten die Architekt*innen am zweiten Bauabschnitt. Das sogenannte Haus 6 ist ein kompletter Neubau und wird von der Oberstufe genutzt. Dementsprechend wird es hier weitaus stärker um Flexibilität, Glaswände und Vorhänge gehen. Der Baubeginn ist für Ende nächsten Jahres angesetzt. (gh)
Fotos: Brigida González
Zum Thema:
Mehr zu neuen Schulbauten in Deutschland findet man in Baunetzwoche#528.
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überdämpfter architekt | 05.04.2024 15:52 Uhrklasse!
hier sieht man wie Weiterbauen zu weiterdenken führen kann!