Die Wohnanlage Immeuble de l’Union, 1952 von den Architekten Lucien Cavro und Antoine Tabet erbaut, gilt als Juwel modernen Bauens in Beirut und ist ein bemerkenswertes architektonisches Zeugnis für die Entwicklung des jungen Staates Libanon nach dem Zweiten Weltkrieg: Wegen seiner wirtschaftlichen Stabilität, der politischen Neutralität (bis 1969) und seiner kulturellen Liberalität galt das Land als aufstrebende Nation, seine Hauptstadt gar als „Paris des Nahen Ostens“. Das verfallene Ensemble wird nun von Karim Nader (Beirut) aufwendig renoviert.
Die historischen Aufnahmen des Immeuble de l’Union anlässlich der Eröffnung geben Einblicke in das mondäne Leben einer von Optimismus geprägten Gesellschaft. Das Gebäude in bester Lage, angrenzend an den Sanayeh Park, war mit den neuesten architektonischen Annehmlichkeiten und technischen Entwicklungen der Zeit ausgestattet. Die Tiefgarage besaß eine eigene Autowaschanlage, mehrere Aufzüge bedienten die Etagen. Die Wohnungen waren mit modernen US-amerikanischen Wasserkochern ausgestattet, im Erdgeschoss und im Club auf dem Dach fanden sich Fernsprechanlagen. Zwei moderne Skulpturen von Jean Dorier flankierten den Eingang zur eleganten Lobby mit Mosaiken von Henri-Pierre Fortier.
Nader, geboren während des von 1975 bis 1990 andauernden libanesischen Bürgerkrieges, gehört als Akteur einer jüngeren Generation von Architekt*innen an, die sich für die Wertschätzung, Erhaltung und Renovierung des architektonischen Erbes im Libanon einsetzen. Denn der Denkmalschutz modernen Bestands ist im Angesicht des Baubooms im Nahen Osten und der rasanten städtebaulichen Entwicklungen noch wenig etabliert. Die geplanten Umbaumaßnahmen Naders sind dabei weniger geprägt von nostalgischen Gefühlen ob des Untergangs einer glanzvollen Epoche. Vielmehr zeigen sie auf, wie leicht sich manche gelungene Architekturlösung aus den 1950er Jahren an heutige Maßstäbe und Wünsche einer reichen Oberschicht anpassen lässt – und zeigt damit eine Alternative zu den gigantischen Hochhausprojekten eines Norman Fosters auf.
Der geschwungene Baukörper mit den konkav gewölbten Balkonen, dem zurückspringenden Bereich des Haupteingangs sowie den beiden abgetreppten Dachetagen bleibt in seiner historischen Erscheinung grundsätzlich erhalten. Gleichzeitig erfährt der Bau umfassende Modernisierungen, die ihn zu einer ausgewiesenen Luxusimmobilie des 21. Jahrhunderts machen. Die entscheidende Neuerung von Nader findet sich im Erdgeschoss. Die ursprünglich nur von der Spears Street zugängliche Lobby erweitert der Architekt bis zur Salim Boustany auf der Gebäuderückseite. Mehrere Sitzgelegenheiten machen sie zu einem Treffpunkt für die Hausbewohner*innen. (stu)
Fotos: Karmin Nader Studio, Marcel Rached
Auf Karte zeigen:
Google Maps
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
5
peter | 25.04.2019 21:10 Uhrpeinlich, baunetz
hier wird die kommende verschlimmbesserung einesguten hauses, das, nach den (seltsamerweise wenigen) aktuellen fotos zu urteilen, in etwas renovierungsbedürftigem, aber durchweg guten erhaltungszustand und keineswegs verfallen ist, als große meldung gebracht.
enttäuschend von baunetz, da durch die sich anbahnende geschmacklose brutalsanierung, die auf originaldetails zu pfeifen scheint, das haus sinnlos zerstört werden dürfte.
derartigen projekten hier eine plattform zu bieten gehört sich nicht und macht mich würtend! bitte, liebe baunetz-redaktion, um deutlich mehr sorgfalt bei der auswahl eures materials!