Es ist eine der größten Schlossanlagen Tschechiens: Hradec nad Moravicí, benannt nach dem gleichnamigen Städtchen in Oberschlesien. Neben dem Červený zámek, dem Roten Schloss, umfasst die Anlage das Weiße Schloss, den Weißen Turm und einen 60 Hektar großen Park. 2001 wurde der Komplex zum nationalen Kulturdenkmal erklärt, das National Heritage Institute Tschechiens gab auch die 2,4 Millionen Euro teure Renovierung der neugotischen Burg in Auftrag.
15 Kilometer südlich der polnischen Grenze gelegen, ist die Anlage manchen vielleicht besser als Schloss Grätz bekannt, wie der Ort bis 1921, vor der Gründung Tschechiens, und während der Annektierung durch Hitler-Deutschland hieß. Im 18. Jahrhundert hatte sich der Ort zu einem Zentrum der Musikkultur gemausert, neben Ludwig van Beethoven verbrachte auch Franz Liszt mehrfach Zeit in den Gemäuern. An ihre Aufenthalte wird heute mit Ausstellungen und einem jährlichen Musikfestival im Roten Schloss erinnert, das in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erbaut wurde und zwar Schloss heißt, aber eher einer mittelalterlichen Burg ähnelt.
1913 verlor das Schloss seinen ursprünglichen Zweck als Wohnsitz, diente während des Ersten Weltkriegs als Lazarett für Verwundete und kranke Pferde. Am Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die Anlage durch Bomben beschädigt, in den Nachkriegsjahren provisorisch repariert. Im Jahr 1972 zerstörte ein Brand Teile des Schlosses. Anschließend wurde relativ provisorisch renoviert, weswegen die nun abgeschlossenen Sanierungsmaßnahmen in Angriff genommen wurden.
Während in Wittenberg, Cadolzburg und Litomyšl Schlösser und Burgen modernisiert, komplett restauriert oder neu interpretiert wurden, ging man hier zurückhaltender an die Sache heran. Manche der Eingriffe, die Jan Zelinka und Luděk Valík vom Büro Atelier38 (Ostrava) vornahmen, sind so nah am Original, dass sie erst bei näherem Hinsehen auffallen.
Auf 4.700 Quadratmetern galt es, instabile Mauerwerkswände, Gewölbe, Balkone und Dachbinder zu sichern und Dachziegel und Gauben zu ersetzen. Das ursprüngliche Mauerwerk sollte dabei so weit wie möglich erhalten bleiben. Die Fassade des Schlosses aus roten Ziegeln und Sandstein wurde mit handgefertigten Elementen – Wappen, gravierte Platten, Wasserspeier, Rosetten, Endstücke, Statuen von Basilisken und Schornsteinköpfen – verziert.
Das Gewölbe des unteren Stalls – das ehemalige Hospiz für verwundete Pferde – wurde in seiner ursprünglichen Anordnung und Monumentalität wiederhergestellt. Heute wird der ehemalige Stall für Ausstellungen, Konzerte sowie zur Aufbewahrung der ursprünglichen Statuen und der Dach- und Fassadensteinfragmente genutzt.
Das Dach wurde mit Schieferplatten neu gedeckt und zu einem Walmdach, jetzt auch mit Dachfirst und Regenrinne, umgebaut. Der Innenhof bekam einen grauen Granitboden mit Wasserspiel, das an heißen Sommertagen für Abkühlung auf der riesigen Steinfläche sorgen soll. (kat)
Fotos: BoysPlayNice
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stph | 14.03.2020 15:00 Uhr...
wie selbstverständlich sich hier das Handwerk seine Geschichte zurückholt. Und hier noch nicht mal unbedingt die eigene.
Wie zerplant dagegen die Schlösser von Berlin und Wittenberg?
Moderne immer noch als polare, zerspaltene.