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24.03.2017

Imaginäre Bahnreise

Reiulf Ramstad plant Wanderweg im Elsass


Stillgelegte Eisenbahnstrecken haben schon immer eine geradezu magische Anziehungskraft auf abenteuerlustige Entdecker ausgeübt. Aber auch Erholungssuchende, urbane Romantiker und Pflanzenliebhaber können einer solchen Szenerie aus überwucherten Gleisen, zerfallenden Geisterbahnhöfen und ganz viel Natur einiges abgewinnen – vorausgesetzt der Wildwuchs nimmt nicht zu sehr überhand. Daher liegt es regelrecht im Trend, derartige Bahnareale zu „naturbelassenen“ Freizeiträumen, Parks und Lehrpfaden umzufunktionieren.

Auch der 1902 eröffnete, elf Kilometer lange Schienenweg, der einst die Stadt Rosheim im Elsass mit den Steinbrüchen bei Saint-Nabor und Ottrott verband und über den 2002 der letzte Güterzug fuhr, soll nun auf diese Weise aus seinem bisherigen Dornröschenschlaf erweckt werden. Den im vergangenen Jahr ausgeschriebenen Wettbewerb für die landschaftliche Umgestaltung zum Wanderpfad Chemin des Carrières gewann der gemeinsam von Reiulf Ramstad Architekter (Oslo) und Parenthèse Paysage (Colmar) eingereichte Entwurf.

Das Projekt zielt darauf ab, entlang des sich durch die hügelige Landschaft am Rande der Vogesen schlängelnden Schienenstrangs mithilfe dezidierter architektonischer Statements eine räumliche Narration zu entwickeln. Sie soll in vier Kapiteln die Geschichte der Landschaft und ihrer Bewohner erzählen, die geprägt ist vom Tagebau in den ehemaligen Steinbrüchen. Dazu werden vier landschaftlich besonders reizvolle Orte zu Wegmarken und Rastplätzen ausgebaut. Jeder von ihnen steht unter einem symbolischen Oberbegriff – Wasser, Land, Reise und Glück. Hier und entlang der Strecke werden aus Cortenstahl und Holz bestehende, torartige Durchgänge, Aussichtsplattformen und Unterstände sowie ein Amphitheater zu finden sein. Höhe- und Endpunkt des Weges ist eine auf einem Hügel angelegte, einem Felsvorsprung nachempfundene Terrasse aus Stahl, von der aus sich ein weiter Blick über das Tal von Rosheim öffnet. Ihre Form ist inspiriert von der eines vierblätterigen Kleeblatts – hier ist die Station „Glück“ verortet.

So wie die einstige Bahnstrecke eine doppelte Funktion erfüllte, indem sie für Güter- und Personenverkehr zugleich genutzt wurde, ist auch dem neuen Wanderweg von seinen Planern eine zweifache Bestimmung zugedacht: Die funktionalen Überbleibsel der einstigen Nutzung sollen erhalten und neu inszeniert werden – und es soll ein Raum für Imagination entstehen. Der Entwurf versteht sich als Einladung zu einer Wanderung, in deren Verlauf die Besucher nicht nur vergessene Landschaften neu entdecken, sondern auch überraschende Einblicke in eine scheinbar vertraute Umgebung gewinnen können. (da)


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