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07.03.2024
Haus mit guten Manieren
Reihenendhaus in London von Studio Surman Weston
Selbst in London gibt es sie noch, die Glücksfälle beim Grundstückskauf. Jedenfalls war der Architekt Percy Weston von Studio Surman Weston überrascht, als er nach zweijähriger Suche 2018 auf einer Auktion den Zuschlag für ein kleines Grundstück in Peckham im Südwesten Londons erhielt. Zwar nicht mehr als eine kleine Brache am Ende einer Reihenhausreihe und recht nahe an den dicht befahrenen Gleisen vor dem Bahnhof Peckham Rye. Aber immerhin: In Sichtweite steht ein großes, brutalistisches Sotheby's-Parkhaus, das seit 2017 als Kreativzentrum „Peckham Levels“ mit Ateliers, Co-Working, Restaurant und Bars genutzt wird. Die Hipster waren also bereits vor Ort; das Grundstück konnten sich Weston und sein Büropartner Tom Surman dennoch gerade so leisten.
Die Herausforderung bestand darin, auf der engen und exponierten Parzelle ein großzügiges Haus mit Privatsphäre zu entwickeln. Volumen und Grundriss orientieren sich an der Reihenhauszeile, ebenso das Fassadenmaterial: Backstein im flämischen Verband. Allerdings mit der Feinheit, dass die Kopfsteine alle fünf Lagen um fünf Zentimeter nach hinten versetzt werden und schließlich, auf Höhe des Dachgeschosses ganz entfallen, sodass ein lichtdurchlässiger Lochverband entsteht.
Oben wählten die Architekten ein Flach- statt ein typisches Satteldach wie bei den Nachbarn. So kann die oberste Ebene als Dachgarten genutzt werden. Das obere Ende des Treppenhauses ist mit einer Korkhaube verschlossen, die sich zur Seite schieben lässt. Darüber steht ein Gewächshaus aus dem Baumarkt. Es bietet den Pflanzen des Dachgartens ein Winterquartier. Sein gläsernes Satteldach ist sicher auch als augenzwinkernder Gruß an die Nachbarn zu verstehen.
Die Aufteilung orientiert sich an den britischen Reihenhäusern: Küche, Wohn- und Esszimmer im Erdgeschoss. Die Vorgärten ermöglichen Abstand zur Straße. Zwischen Wohn- und Esszimmer führen zwei Stufen hinab, was trotz der kleinen Räume Großzügigkeit vermittelt. Hinzu kommt ein kreisrundes Fenster in der Küchentür zum Garten. In einem der drei Schlafzimmer im Obergeschoss schwingt die Decke überraschend hoch zu einem kleinen Fenster nach Osten. Die filigrane Treppe wurde durch einen Anstrich aus Kalkmörtelschlamm brandsicher.
Es sind solche Details, die das Haus zu einem Fest machen. Immerhin haben Tom Surman und Percy Weston fast drei Jahre dran gearbeitet – es waren die Corona-Jahre, in denen vieles im Büro liegenblieb und stattdessen Zeit für ein solches Liebhaberprojekt war. Beide haben auch selbst auf der Baustelle gearbeitet, viele Details, sagen sie, seien erst während der Arbeit verfeinert worden.
Am Ende zog Percy Weston mit seiner Familie ein, Tom Surman bleibt zu 30 Prozent Eigentümer. Das RIBA Journal beschrieb das Haus als „Haus mit guten Manieren“, da es zwar eine eigene Ästhetik entwickele, dabei aber auf ein gutes Verhältnis zu seinen älteren Reihenhausnachbarn achte. Das ist vielleicht das größte Lob, das neue Architektur in Großbritannien bekommen kann. (fh)
Fotos: Jim Stephenson
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