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10.07.2023

Prager Szene im Tunnel

Reaktivierung einer Unterführung von U/U Studio und Re_place


Wer die Prager Hlávka-Brücke in Richtung des Stadtteils Holešovice überquert, landet auf einem eher ungemütlichen Verkehrsknoten. Diverse Straßen, Abfahrtsschleifen und Bahntrassen lassen ein Gewirr entstehen, das einer rein infrastrukturellen Logik folgt – ganz klar zu Lasten der Fußgänger*innen. Zur Überwindung wurden daher einst zwei Unterführungen angelegt. Wenig überraschend: Die Tunnel entwickelten sich zu Angsträumen, die von den Passant*innen zunehmend gemieden wurden. Das dürfte sich nach den jüngsten Eingriffen durch die Prager Büros U/U Studio und Re_place ändern – zumindest für gewisse Gruppen.

Die erste Unterführung verläuft entlang der Uferkante der Moldau. Am Brückenanfang stehen links und rechts zwei massive Skulpturen des Künstlers Jan Štursa mit dem (übersetzten) Titel „Humanität und Arbeit“ aus dem Jahr 1913. Direkt daneben führen zwei rot gestrichene und mittlerweile von Graffiti übersäte Treppen unter die Fahrbahn und lassen bereits erahnen, was dort folgt: Ein Paradies für Skater, Sprayer und Freestyle-Sportler*innen.

Die Planer*innen ließen die Tunneloberflächen zunächst gründlich säubern und ausbessern, um sie danach ordentlich aufzupeppen. In knalligem Rot schufen sie einen Parcours aus Stangen und Rampen. Leuchtröhren und Street-Art ergänzen das Setting. Das I-Tüpfelchen ist dennoch die bestehende Tunnelstruktur selbst. An beiden Enden öffnet sich die Wand gen Moldau kiemenartig. Das führt innen zu einem herrlichen Schattenspiel, und erlaubt von der Brücke aus Einblicke, die besonders nachts neugierig machen. Eine eher unauffällige Besonderheit ist derweil am Fuß der östlichen Treppe zu finden, wo man von einer kleinen Schweineskulptur begrüßt wird. Über einen aufgebrachten QR-Code lassen sich dort Spenden an Wohnungslose aus der Gegend entrichten.

Etwa 66 Meter weiter befindet sich die zweite, kurvenreichere Unterführung. Sie liegt unweit der Metro-Station Vltavská. Auch hier platzierten die Planer*innen Hindernisse für Skateboarding und BMX-Fahren. Im Gegensatz zum ersten weist dieser Parcours allerdings auch außenliegende Bereiche auf, in denen unter anderem eine Boulderwand und ein Basketballfeld samt Tribüne angelegt wurden.

Insgesamt umfasst die Reaktivierung beider Unterführungen etwa 1.800 Quadratmeter Fläche und kostete 550.000 Euro. Re_place waren für das übergeordnete Reaktivierungskonzept verantwortlich, U/U Studio für die räumlichen Interventionen. Dass Skate- und Parcoursanlagen ein probates Mittel zur Wiederbelebung eines Ortes sind, zeigten auch David Giorgadze Architects und Künstler Maxime Machaidze in Tiflis. (mh)

Fotos: Jiří Kotal


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