Ein Nose- oder Boob-Job (Nasenkorrektur oder neue Brüste) für ein Haus? Bei ihrem neuesten Projekt in der niederländischen Provinz Zeeland glich ihre Rolle der eines plastischen Chirurgen, meinen die Architekten von Atelier Kempe Thill (Rotterdam). Sie verpassten dem in die Jahre gekommenen Rathaus der 25.000-Einwohner-Gemeinde Borsele im Ortsteil Heinkenszand ein komplettes Make-Over.
Zum Zeitpunkt des Wettbewerbs 2009 hatten Architekten und Bauherr noch einen Erweiterungsbau geplant, auf den im Laufe des Planungsprozesses jedoch verzichtet werden musste. Im Rahmen des vorhandenen Budgets konzentrierten sie sich somit auf technische sowie ästhetische Neuerungen des Bestands aus den 80ern, die Schaffung einer flexiblen Bürolandschaft und die Senkung des Energieverbrauchs.
Die größten Eingriffe erfolgten an der von den Architekten als „defensiv und nur schwer nachvollziehbar“ beschriebenen Form des Gebäudes. Eine erste Maßnahme war das Öffnen der Fassaden an den drei Gebäudeköpfen sowie eine Erweiterung des Eingangsbereichs mit dem Ziel, dem Haus mehr Präsenz im Dorf zu verschaffen. Die gläsernen Durchbrüche ermöglichen, was die Entwerfer als „Landschaftsbüros“ bezeichnen: Sie schaffen die visuelle Verbindung zwischen Dorf und Rathausinnerem, das so in den Dialog mit dem öffentlichen Raum tritt.
Eine weitere Korrektur nahmen sie am Gesamterscheinungsbild durch eine einheitliche Gestaltung der Fassade vor. Eine hinterlüftete und isolierte Glasmosaikfassade fasst die bestehenden Backsteinmauern und das Dach zusammen. „Die in China speziell für das Projekt produzierten Glasfliesen wurden dabei grünschwarz emailliert, um das Gebäude kompakter wirken und die Fassadenoberfläche leicht rekflektieren zu lassen“, erläutern die Architekten die Maske, die sie dem Bestandsbau überstülpen. Sie soll die Gebäudeform straffen und sei außerdem eine Referenz an die in der Landschaft von Zeeland weit verbreiteten schwarz geteerten Scheunen.
Für die Kontinuität des Raumerlebnisses zwischen außen und innen kommt der Mosaikstein auch im inneren Eingangsbereich – hier allerdings in einem hellen Grünton – zum Einsatz. Wichtigste Änderung im Inneren war die Gestaltung der Empfangshalle, deren Deckenabschluss als Kuppel aus der vorhandenen Oktogonform heraus entwickelt wurde.
Im einem letzten Schritt der Verschönerung entfernten die Architekten störende technische Installationen wie Sonnenschutz, Regenrohre und Blitzableiter und verfeinerten die Proportionen. Die vorhandenen Fensteröffnungen verwandelten sie in ein gröberes Raster mit dünnen, strukturell verleimten Senkklapp-Fensterprofilen. (lr)
Fotos: Ulrich Schwarz, Berlin
Zum Thema:
Mehr zu Atelier Kempe Thill und der Generation nach dem Superdutch-Boom in der Baunetzwoche#374
André Kempe und Oliver Thill im Gespräch im Crystal Talk
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serdika | 27.08.2014 20:30 UhrBauen für die Ewigkeit.
Sehr gelungen! Die Details sind holländische Extraklasse! Die fliesen im Innenraum vielleicht ein bissel to much..
Das Trauf / Fensterdetail beneidenswert...
Bei der Gebäudehalbwertszeit sind die nächsten 30 Jahre gesichert.
Schön, dass durch eine gute Modernisierung Gebäude vor dem Tod gerettet werden können.