Noch immer tut man sich hierzulande etwas schwer mit der Verkehrswende. Dabei liegen die Vorteile des Fahrrads als Verkehrsmittel auf der Hand – und das nicht erst, seit die Pandemie die Fahrgastzahlen im Nahverkehr schrumpfen lässt.
Dass die Veloinfrastruktur Spaß machen und dabei auch noch gut aussehen kann, zeigt dass Darmstädter Büro netzwerkarchitekten in ihrer Heimatstadt mit der von ihnen entworfenen Rad- und Fußgängerbrücke über die vielbefahrene Rheinstraße, die im Dezember letzten Jahres eröffnet werden konnte. Einen entsprechenden Realisierungswettbewerb hatte das Büro bereits 2005 gewonnen. Die Stadt hätte also durchaus Pionierin sein können in einem Bereich, der heute vor allem durch skandinavische Vorbilder wie der berühmten Kopenhagener cykelslangen geprägt ist.
Das Projekt in Darmstadt stellt eine Verbindung zwischen Hauptbahnhof, Europaviertel und Technologiezentrum Rhein-Main her und zeigt sich hinsichtlich seines Anspruch und seiner Gestaltung durchaus ebenbürtig mit nordischen Beispielen. An der Rheinstraße war es Bauherren und Planern*innen wichtig, den vorhandenen Baumbestand zu erhalten. Die 350 Meter lange Brücke umkurvt die zu beiden Seiten der Verkehrsachse stehenden Gewächse spielerisch mit langen Rampen. Deren flache Steigung ermöglicht auch Rollstuhlfahrern eine Benutzung.
Das Erscheinungsbild der Brücke, die in Zusammenarbeit mit Tragraum Ingenieure entstand, ist durch eine Trogkonstruktion aus Stahl geprägt, die von V-Stützen getragen wird. Die Außenseiten des Troges werden durch umgreifende U-förmige Spanten rhythmisiert. Um den Weg für Fußgänger abzukürzen, gibt es für diese zusätzliche Auf- und Abgänge. In die Handläufe ist eine LED-Beleuchtung integriert. Nachts lässt diese den roten Bodenbelag verheißungsvoll erstrahlen. Die Fertigung der Brücke erfolgte durch den ebenfalls ortsansässigen, weltweit tätigen Spezialisten Donges Steeltec.
Alleine der schwungvollen Wegführung wegen bekommt man also Lust, die Strecke vom Bahnhof zum Technologiezentrum im Westen der Stadt in Zukunft mit dem Rad zurückzulegen. Vielleicht steigen ein paar Darmstädter und Pendler ja sogar deshalb um? (tl)
Fotos: Jörg Hempel
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Klaus Schäfer | 07.02.2021 01:16 UhrRumkurven in Darmstadt
Alles in Ihren Bildern empfinde ich als Zumutung entgegen einer urbanen Vorstellung von Stadt: Eine Schar autistischer Gebäuderiegel wird über eine autobahnähnliche Trasse mit dem PKW-Strom in Richtung eines Stadtzentrums verbunden. Radfahrer und Fußgänger werden zum Statisten einer kunstwollenden Rauminstallation, die Belohnung ist ein langer Weg in roter Farbe, eine schöne Aussicht auf ungestörte Raser und die Rückleuchten der Trambahn. Warum gibt es hier keinen normalen Überweg, zumal die Haltestelle direkt nebenan liegt?