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30.01.2019

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Alpines Facelift

Radikaler Hotelumbau in Südtirol von Peter Pichler Architecture


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Wenn man die Renovierung des Hotels Schgaguler von Peter Pichler Architecture (Mailand) im kleinen Südtiroler Dorf Castelrotto mit einem Facelifting vergleichen würde, wäre eine nette, ältere Dame nach ihrer OP mit dem Gesicht eines kalifornischen Fotomodells aufgewacht:

Das Haus wurde 1986 erbaut und liegt im Herzen der Dolomiten, einer von der Unesco geschützten Region im norditalienischen Alto Adige. Ursprünglich im Stil der Südtiroler Regionalarchitektur gestaltet, ist davon nach dem Umbau nicht mehr viel zu erkennen – dabei wurden traditionelle Elemente wie das ortstypische Satteldach durchaus spielerisch in die Umgestaltung einbezogen. So zeichnen die drei monolithischen Baukörper die Silhouette des Hauses vor dem Umbau nach, sind aber als „moderne Interpretation des Alpinen Stils“ zu verstehen, wie es in der Projektbeschreibung heißt.

Die neue Glasfassade soll das Hotel zum Dorf hin öffnen und auch die umgebenden Berge in Gänze erlebbar machen. Dafür wurde die skulpturale Südfassade mit großen Loggias versehen, die durch ihre Tiefe natürlich verschattet werden. Die hellgraue Farbe des kalkhaltigen Fassadenputzes ist an der Tönung der Berge orientiert, während im Inneren lokale Materialien wie Kastanienholz und Kalkstein mit beigen und grauen Stoffen und Bodenbelägen kombiniert werden.

Die insgesamt 4.450 Quadratmeter gliedern sich in öffentliche Bereiche wie Lobby, Bar und Restaurant im Erdgeschoss – die Bar ist mit einer großen Sonnenterrasse verbunden – und Wellnessareal im Untergeschoss. Hotelzimmer und Suiten sind auf den oberen Geschossen untergebracht, sie verfügen über offene Badezimmer mit freistehenden Wannen, zum Entspannen nach Skitouren oder Wanderungen.

Der radikale Umbau des Hotels Schgaguler ist aus einem Wettbewerbsgewinn im Jahr 2015 hervorgegangen. Was angesichts der umfangreichen Umgestaltung verwundert, ist die sehr kurze Bauzeit, die präzise von Seiten der Architekten angegeben wird: Baubeginn war im März 2018, der Abschluss der Bauarbeiten erfolgte nur vier Monate später. Die Stammgäste, die diese Saison zum Winterurlaub wiederkehren, werden sich in jedem Fall die Augen reiben. (kh)

Fotos: Oskar Dariz, Martin Schgaguler


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

13

Stadtplanerin | 04.02.2019 14:10 Uhr

Fremdkörper

Ein Fremdkörper im Ortsbild- was deutlich Bild 6 zeigt.
Da nützt auch die Dreigliederung und die Satteldächer nicht mehr viel - es wird als ein Baukörper wahrgenommen, der sich nicht ins Ortsbild einfügt (durch Vollverglasung/ Raster).

Das war vielleicht auch so gewollt um aufzufallen, allerdings wird es - früher oder später - als Bausünde wahrgenommen werden.

12

Kaptain Kirk | 04.02.2019 10:24 Uhr

Radikal?

Können wir die Kirche mal im Dorf lassen?
Z.B. Maßstab: das Gebäudevolumen ist nach wie vor in 3 ablesbare Baukörper gegliedert. Für mich ist in der Maßstäblichkeit kein Unterschied zu vorher feststellbar. Das gleiche gilt für die angebliche Abwesenheit von Dachüberständen. In den Kehlen sind die natürlich nicht herstellbar, an den Giebelseiten sehr wohl vorhanden. Wurde da vielleicht nicht genau hingeschaut sondern einer Aversion gegen zeitgenössischer Architektursprache nachgegeben?
Im übrigen fallen die verputzten Massivbauten der Region keineswegs durch besonders große Dachüberstände auf, im Gegenteil.
Die regionaltypischen Balkons über die gesamte Gebäudebreite sind ebenfalls umgesetzt, die trichterförmigen Laibungen inteligent interpretiert.
Was ist jetzt eigentlich so radikal an dem Projekt, außer die Ablehnung von süßlicher Folklore a la Kastelruther Spatzen?

11

Ein Architekt | 01.02.2019 21:07 Uhr

...

Der Entwurf wirkt ja gerade in diesem Kitsch so angenehm durch seine Reduziertheit. Ausserdem bucht man ja meist ein Hotel wegen seiner Zimmer und diese können sich sehen lassen..

10

solong | 01.02.2019 10:33 Uhr

... lisa + gleichgesinnte ...

... klar was das hotel vorher mit dem üblichen kitsch beladen ... der verlieh diesem aber etwas ... menschlichen masstab ... jetzt ist von der äußeren errcheinung etwas "cleanes ... seelenloses" geschaffen worden ... wenn euch "youngsters" das so gefällt ....
... warum fahren dann leute mit eurer einstellung ... nicht einfach nach z.B. la grande motte, dieses gut 50 jahre alte ... touristengetto ... ist absolut modern + minimalistisch ... und der einzelne mensch ... ist hier nichts ...

9

Lisa | 31.01.2019 12:23 Uhr

super!

Ich finds super!

Immer schon nerven mich diese schrecklichen Hotelbunker im Skigebiet die auf "traditionell" machen aber einfach nur überdimensionierten verkitscht sind für das, was sie sein wollen.
Dann lieber modern, klar und minimalistisch.

Daher liebe ich auch die französischen Alpen mit autofreien (!) Orten wie Avoriaz, La Plange, Les Arcs... :))

8

Thomas S. | 31.01.2019 10:10 Uhr

Pendelausschlag ins andere Extrem

mit fehlender Architekturtradition wurde wohl gemeint, dass das Tradieren Anfang letzten Jahrhunderts abrupt abgerissen ist. Die neugewonnene Freiheit oft aber zu Beliebigkeit geführt hat, wie genau hier zu sehen ist. Das Haus könnte so auch in Lloret de Mar stehen.
Die unterkühlte Wirkung der Ergänzungen wäre in Holz nicht so hart ausgefallen.
Vielleicht gefällt es der Generation Alexa, ansonsten denke ich auch das hier "nach dem Umbau vor dem Umbau" ist.

7

Ein Architekt | 31.01.2019 09:51 Uhr

...

Es mag sicher ein Stück moderner Kitsch sein, aber dadurch bricht es aus dem Einheitsbrei vor Ort aus.

Manche meiner Vorkommentatoren finden wahrscheinlich auch die Berliner Naturstein-Rasterfassaden äusserst gelungen. Tut mir leid, aber da ist mir polarisierende Architektur doch lieber.

6

Hotte | 30.01.2019 20:53 Uhr

@ Dr. arch. Prof. Andreas Gottlieb Hempel

Ich stimme Ihnen zu, dass die Raiffeisenbank in Kastelruth ein schönes Beispiel für die harmonische Einpassung moderner Architektur in einen alten Ortskern ist. Sehr gelungen! Chapeau!

Ich sehe allerdings keinen Unterschied in der Architekturqualität zwischen 8-geschossigen- "Almhütten" (die meisten Hotels vor Ort) und dem zugegeben radikalen Umbau durch Pichler.
Das eine ist vielleicht 30% zu wenig Ambition, das andere 30% zuviel.
Der Kollege Pichler hat eben bei Hadid und Schumacher studiert und ist nebenbei kein Ausländer sondern ist in Bozen geboren!

Und bei allem Respekt für die kulturelle Vielfalt in Südtirol: Es vermarktet sich (auch) als Alto Adige!

5

Legoland | 30.01.2019 19:44 Uhr

Hotelarchitektur ist auch Marketing

Der Altbau ist aber weiß Gott kein Beispiel für „jahrhundertealte Architekturtradition“ - eher ein typischer „röhrender Hirsch“ mit billigen Folklorezitaten und den unvermeidlichen Balkongeranien, die jeder Seniorenresidenz zur Ehre gereichen würden. Zudem stirbt die Zielgruppe, die hier noch Urlaub macht, allmählich aus; als Rentnerparadies sind die Dolomiten eh auf dem absteigenden Ast. Dass hier übers Ziel hinausgeschossen würde, mag sein, aber das ist vielleicht für manchen Betrieb die einzige Chance, von einer jüngeren zahlungskräftigen Kundschaft überhaupt wahrgenommen zu werden.

4

Fernando | 30.01.2019 17:30 Uhr

Yikes

Das ist natürlich ein Trauerspiel. Die jahrhundertealte Architekturtradition in Europa wurde einfach vernichtet - eine Vermittlung klassischer, über Jahrtausende bewährter Gestaltungsprinzipien findet nicht statt. Und dann tun alle wieder ganz verwundert, wenn auch wirklich kein einziges Gebäude, das zu unseren Lebzeiten entworfen wird, den 'test of time' besteht.

Vielleicht sollte man die Architekturfakultäten ganz schließen und sämtliche Bauaufgaben an Bauingenieure und Projektentwickler delegieren.

3

Dr. arch. Prof. Andreas Gottlieb Hempel | 30.01.2019 17:16 Uhr

Hotel Schgaguler in Kastelruth /Südtirol

Zunächst zum Deutsch:
Als Deutscher der nach Südtirol (nicht Norditalien!)ausgewandert ist spreche ich beide Amtssprachen: Italienisch und Deutsch. 70% der Südtiroler (bis 1918 Österreich) sind Deutschsprachig und sind nicht sehr angetan, wenn im Deutschen die vom Faschisten Tolomei in den 20er Jahren erdachten italienischen Ortsnamen verwendet werden - also Alto Adige statt Südtirol (heute offiziell italienisch auch Sudtirolo) und Castelrotto statt Kastelruth. Also bitte etwas mehr Sensibilität (oder Wissen) um die Autonome Provinz Bozen-Südtirol!
Dann zur Architektur:
Im Ortskern von Kastelruth wirkt der Umbau des Hotel Schgaguler wie ein brutaler Fremdkörper in Form uns Material. Mag sein, dass die Vorgängerfassaden unbedeutend waren aber die Neufassung hat die Situation städtebaulich verschlechtert. Ich war selber Vorsitzender des Preisgerichtes für den Neubau der Raiffeisenkasse in unmittelbarer Nachbarschaft, der sich dagegen harmonisch und maßstäblich in den alten Ortskern einfügt. Solch eine präpotente Gestaltung wie die des Hotels kann sich nur ein in Mailand arbeitender italienischer Architekt ausdenken, der keine Beziehung zur örtlichen Bauweise hat. Ein mißglücktes Beispiel, das wohlweislich ohne die nachbarliche Umgebung fotografiert wurde.

2

Elisabeth Kirn | 30.01.2019 16:50 Uhr

Kongresshotel kein Urlaubsdomizil

Ich stimme dem Kommentar 1 voll und ganz zu. Stimmung kommt nicht auf. als Kongresshotel akzeptabel als Urlaubsdomizil für einen Städter, nein danke.

1

Toni Tek | 30.01.2019 15:51 Uhr

Kitsch gegen Kitsch

Auf die Gefahr hin, dass man damit nicht die Mehrheitsmeinung unter Architekten einnimmt: Aber ich bin nicht sicher, ob das jetzt besser ist als vorher. Wenn ichsich das Ortsbild Nummer 6 anschaue, dann zucke ich schon etwas zusammen. Sicher, vorher, das war Kitsch. Aber das neue ist eigentlich auch Kitsch, nur halt modernistischer Kitsch. Glasbrüstungen vor ein karges Skelett zu stellen ist vielleicht cool. Aber schön ist das nicht, und einfühlsam und sinnlich schon gar nicht. Man wird, so meine Prognose, in 30 Jahren erneut umbauen. Und das Haus vielleicht mit Holzbalkonen und Dachüberstand ausstatten - schließlich gilt Letzteres als nicht so blöd im Alpenraum...

 
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Das 1986 erbaute Hotel wurde im Frühjahr/Sommer 2018 in nur vier Monaten umgebaut.

Das 1986 erbaute Hotel wurde im Frühjahr/Sommer 2018 in nur vier Monaten umgebaut.

Tiefe Loggien an der Südseite bieten den Hotelzimmern eigene Außenräume.

Tiefe Loggien an der Südseite bieten den Hotelzimmern eigene Außenräume.

Traditionell: Das Hotel Schgaguler vor dem Umbau.

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Verwinkelt, kleinteilig und viel Holz, so sah das Südtiroler Hotel bis vor wenigen Monaten aus.

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