Unmittelbar nach der Verleihung der RIBA Goldmedaille an Grafton wurde nun der Juryentscheid für den Stirling Prize bekanntgegeben. Nachdem 2018 ein Bürobau den prestigeträchtigen Award erhielt, geht er in diesem Jahr an ein Social-Housing-Projekt: Ausgezeichnet wird gleich eine ganze Straße, die Goldsmith Street in Norwich (nominiert von RIBA East) vom Londoner Team Mikhail Riches und Cathy Hawley.
Das im Auftrag des Norwich City Council im Passivstandard realisierte Reihenhaus-Ensemble besteht aus einer Serie von sieben linienförmig angelegten Blöcken mit abgestuften Terrassen. In den zwei- und dreigeschossigen Baukörpern mit klassischen Ziegelsteinfassaden befinden sich fast 100 Wohnungen. Besonderen Wert legten die Architekt*innen auf die Anlage der öffentlichen Räume, die den Bewohnern zugute kommen sollen: Autos und Parkplätze wurden an den Rand der Siedlung verbannt, im Inneren bieten Hinterhofgärten, Gehwege und Spielstraßen Orte für nachbarschaftliche Zusammenkünfte.
Das Projekt setzt nicht nur auf Dichte und gemeinschaftsorientierten Kontext, sondern auch auf maximale Energieeffizienz. Wärmerückgewinnungsanlagen sollen die Heizkosten minimieren – der erwartete jährliche Energieverbrauch soll ersten Schätzungen zufolge bis zu 70 Prozent unter denen eines britischen Durchschnittshaushalts liegen. Um eine maximale Nutzung der Sonnenstrahlung zu gewährleisten, sind alle Häuser nach Süden ausgerichtet, verfügen über mehr als 60 Zentimeter dicke Wände und um 15 Grad geneigte Dächer, um Verschattungen zu vermeiden.
Julia Barfield, die in diesem Jahr der Jury vorstand, bezeichnete die Goldsmith Street als „schlichtes Meisterwerk“ und „bahnbrechende nachhaltige sowie sozialbewusste Qualitätsarchitektur“, die in Großbritannien neue Maßstäbe in Sachen Sozialwohnungsbau setze. Für RIBA-Präsident Alan Jones ist das Projekt „ein Hoffnungsschimmer angesichts der globalen Klima- und Wohnraumkrise“. (da)