Großbritannien 2018, das sind Luxuswohnprojekte und kleine Häuschen auf dem Land, öffentliche Bauvorhaben und Londoner Big Business, minimale Interventionen und weitreichende Totalumbauten. Wollte man angesichts der gerade vergebenen RIBA National Awards eine steile These formulieren, könnte man die Polarisierung der Gesellschaft nach dem Brexit auch in der Architektur entdecken. Die moderate Mitte scheint nämlich auf den ersten Blick in diesem Jahr eher unterrepräsentiert. Aber ganz so einfach liegt die Sache natürlich nicht.
Ausgezeichnet wurden 49 Projekte, unter denen das Leadenhall Building von Rogers Stirk Harbour + Partners, der Bloomberg-Sitz von Foster + Partners und das Maggie´s Centre in Oldham von dRMM Architects sicherlich zu den prominentesten Bauten gehören. Auch die Qualität des britischen universitären Bauens wird mit der Chadwick Hall von Henley Halebrown oder dem West Court Jesus College von Niall McLaughlin Architects augenscheinlich. Und mit dem Storyhouse von Bennetts Associates und Ellis Williams, dem Storey’s Field Community Centre von MUMA und dem Department Store von Squire and Partners entstanden mehrere gemeinschaftlich orientierte Bauten mit einer interessanten Funktionsmischung.
Kleines und Feines lässt sich wiederum vor allem jenseits von London – das mit den meisten Bauten vertreten ist – in eher peripheren Lagen entdecken. Zum Beispiel das vorzügliche schottische Lochside House von HaysomWardMiller oder das Coastal House von 6a architects im englischen Südwesten. Ebenso die Five Acre Barn von Blee Halligan Architects in Suffolk passt sicherlich in diese Kategorie, auch wenn zur Zielgruppe jenes Gästehauses viele gestresste Hauptstädter gehören dürften. Mehrere sensible Umbauprojekte wie das Wohnhaus Caroline Place von Amin Taha + Groupwork finden sich ebenfalls auf der Liste.
Deutlich wird bei der Durchsicht der prämierten Projekte allerdings auch, dass sich die These von der Polarisierung der Architektur nicht halten lässt. Sicherlich, letztes Jahr hatten es ein paar Sozialwohnungen auf die Liste geschafft und davor schon mal ein paar Reihenhäuser – ähnliches fehlt in der aktuellen Runde. Aber jenseits solcher typologischen Schwankungen beweist die britische Architektur gerade in ästhetischer Hinsicht eine erstaunliche Konsistenz. Ein bisschen Glas und Stahl von den üblichen Verdächtigen leistet man sich vielleicht noch in London, aber jenseits dessen ist weiterhin gebautes Understatement der Modus Operandi vieler britischer Büros. (sb)
Zum Thema:
Die RIBA National Awards werden seit 1966 vergeben und bilden die Shortlist für den Stirling Prize. Daneben vergibt die RIBA zahlreiche weitere Awards wie beispielsweise im letzten November den House of the Year Award und kürzlich den Award for International Excellence.