Der Reigen diverser Preise und Ehrungen, die das Royal Institute of British Architects RIBA vergibt, wurde dieses Jahr um eine neue Auszeichnung erweitert. Der Anspruch könnte nicht höher sein, denn mit dem
RIBA International Prize soll „the world’s best building“ ausgezeichnet werden. Favoriten für den Titel des weltbesten Neubaus fand die Jury interessanterweise nur im Bereich Kulturbauten. Charakteristisch für die meisten der sechs Bauten auf der Shortlist ist außerdem eine spektakuläre und einprägsame Bildhaftigkeit. Die Stoßrichtung der Auswahl spiegelt somit ein deutliches Plädoyer der RIBA für die integrierende und identitätsstiftende Rolle von Kultur in Stadt und Gesellschaft wider. Diese programmatische Setzung darf als ebenso erfreulich gelten wie der Blick über die üblichen Hotspots des Architekturgeschehens hinaus und bis weit in die vermeintliche Peripherie.
Der Preis ging an das Gebäude der
Universidad de Ingenieria y Tecnologia (UTEC) in Lima, das vom Dubliner Büro
Grafton Architects entworfen und zusammen mit den lokalen Kontaktarchitekten
Shell Arquitectos realisiert wurde. Das Projekt basiert auf einem Wettbewerbsgewinn aus dem Jahr 2011. Gesucht war ein Neubau für eine Technische Hochschule. Über den Gewinner urteilt die Jury: „Grafton Architects haben auf neue Art und Weise über einen Universitätscampus nachgedacht. Der markante, vertikale Campus reagiert auf die klimatischen Gegebenheiten und bezieht sich auf die Topographie und das kulturelle Erbe Perus. (...) UTEC wurde mit dem Ziel entworfen, die Studenten zu einer besonderen Form der Interaktion mit dem Gebäude zu animieren. Die vertikale Struktur und die Plattformen schaffen offene Zirkulations- und Begegnungsflächen, die den Rahmen des Gebäudes bilden; Seminarräume, Labore und Büros sind in die Sichtbetonstruktur eingefügt oder eingehängt.“ Nicht zuletzt erinnert das Haus in seiner wuchtigen und großzügig aufgetürmten Betonpräsenz an brutalistische Bauten der Sechziger- und Siebzigerjahre, um deren Wertschätzung und Erhalt momentan an vielen Orten gekämpft wird. Es lässt sich als robuster Baustein in einem anspruchsvollen urbanen Gefüge verstehen, weitaus gröber und weniger edel in der Materialisierung als die meisten Mitbewerber.
Mitglieder der Jury waren
Billie Tsien (Tod William Billie Tsien Architects, New York),
Kunlé Adeyemi (NLÉ Architects, Amsterdam/Lagos),
Marilyn Jordan Taylor (Dekanin an der University of Pennsylvania’s School of Fine Arts),
Philip Gumuchdjian (Gumuchdjian Architects) sowie
Richard Rogers, der – wie schon so oft in seiner langen Karriere – als Juryvorsitzender fungierte. Fünf weitere Bauten schafften es auf die Shortlist, der wiederum eine Auswahl von 30 Bauten vorausgegangen war, die das „RIBA awards committee“ im Vorfeld besichtigt hatte.
- Menos e Mais Arquitectos Associados mit Joao Mendes Ribeiro Arquitecto, Arquipélago – centro de artes contemporâneas in Ribeira Grande auf den Azoren, Portugal
- Zaha Hadid Architects mit DiA Holding, Heydar Aliyev Center in Baku, Aserbaidschan
- David Chipperfield Architects mit Taller Abierto de Arquitectura y Urbanismo (TAAU), Museo Jumex in Mexiko-Stadt, Mexiko
- DRDH Architects, Kulturzentrum Stormen in Bodø, Norwegen
- Agence d'architecture Philippe Prost (AAPP), Mémorial international in Notre-Dame-de-Lorette, Frankreich
Es ist nicht ganz untypisch für die manchmal etwas komplizierte Auszeichnungs- und Preis-Kultur der RIBA, dass auch die Architekten der Longlist nicht ganz leer ausgingen. Denn aus den insgesamt 30 Bauten der Longlist wurden wiederum 21 gewählt, die einen
RIBA Award for International Excellence erhielten. Der
RIBA International Prize soll künftig alle zwei Jahre vergeben werden und steht – ein Novum für die RIBA – auch Nichtmitgliedern der altehrwürdigen britischen Institution offen. Er ersetzt den
Lubetkin Prize, mit dem Bauten von RIBA-Mitgliedern außerhalb der Europäischen Union ausgezeichnet wurden.
(gh)
Fotos: Iwan Baan, José Campos, Hufton + Crow, Simon Menges, Nin Solis, Moritz Bernoully, David Grandorge, Aitor Ortiz
Zum Thema:
Weitere Informationen zum Preis sowie alle Preisträger des RIBA Award for International Excellence sind zu finden unter www.architecture.com.