Als 2018 Balkrishna Doshi den Pritzker-Preis erhielt, erlangte seine Bekanntheit und die Anerkennung für sein sieben Jahrzehnte umfassendes Schaffenswerk eine neue Dimension. Nun darf der inzwischen 94 Jahre alte indische Architekt, der immernoch in seinem partnergeführten Studio Sangath (Ahmedabad) praktiziert, eine weitere internationale Ruhmeshalle betreten. Wie die Royal Institute of British Architects (RIBA) gestern in London verkündete, erhält Balkrishna Doshi die Royal Gold Medal 2022. Damit soll das Lebenswerk mit über 100 realisierten Projekten wie auch sein umfassender Beitrag zur Lehre ausgezeichnet werden, die jeweils die Baukultur in Indien und in angrenzenden Regionen sowie Generationen von Architekt*innen weltweit geprägt haben.
Doshi verbindet internationale Einflüsse aus der Moderne und dem Brutalismus, die er in seinen jüngeren Jahren unter anderem durch die Zusammenarbeit mit Le Corbusier oder Louis Kahn erfuhr, mit der einheimischen Architektur Indiens. Die Werke berücksichtigen nicht nur Handwerks- und Kulturtraditionen sondern auch Aspekte des Klimas und örtlicher Lebensweisen. Wie der Titel einer großen Retrospektive des Vitra Design Museums 2019 und damit der ersten Ausstellung zu Doshis Arbeit außerhalb Asiens zusammenfasst, schuf er eine „Architektur für den Menschen“. Dies zeigt sich in vielschichtiger Weise. Er widmete sich sozial verträglichen Wohnformen, Siedlungen und städtebaulichen Konzepten ebenso wie Bauwerken für Bildungseinrichtungen, Kunst und Kultur.
Die Jury unter Vorsitz des RIBA-Präsidenten Simon Allford würdigte Doshi anlässlich der Verkündung als einen visionären Baumeister von Ideen, der mit Form und Licht arbeite. Er habe eine Architektursprache der materiellen Sparsamkeit und Eleganz entwickelt und gefördert, die gerade für heutige Architekt*innen vor dem Hintergrund gegenwärtiger Herausforderungen von Bedeutung sei. Zum Auswahlkomitee gehörten auch der diesjährige RIBA Gold Medal Gewinner David Adjaye, die Architektin Alison Brooks, die Architektin und Leiterin der Leicester School of Art, Design and Architecture Kate Cheyne sowie Gus Casely-Hayford, Direktor von V&A East und Professor an der School of Oriental and African Studies (SOAS) in London.
Nachdem er von der RIBA-Auszeichnung erfuhr, habe sich Doshi sofort an die Zeit zurück erinnert, als in seiner Anwesenheit Le Corbusier die Ehre zuteil kam. 1953 habe sich dieser in seiner unmittelbaren Reaktion gefragt, wie groß und wie schwer die Goldmedaille wohl sei. Doshi wird es spätestens in der feierlichen Zeremonie 2022 erfahren, wenn ihm Queen Elisabeth persönlich den Preis überreicht, die übrigens schon Le Corbusier vor 68 Jahren auszeichnete. (sab)
Zum Thema:
Anlässlich der Vitra-Ausstellung 2019 widmete sich eine gesamte Baunetzwoche #535 dem Leben und der Arbeit von Balkrishna Doshi.
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schlawuki | 11.12.2021 14:59 Uhrgenie
das ist aber eine wunderbare, wenn auch späte anerkennung für diesen genialen mann!