Die infrastrukturellen Anlagen unserer Städte werden nur selten eines bewussten Blickes gewürdigt. Auch unter Architekt*innen gilt hier eher das Motto, aus den Augen, aus dem Sinn. Ein anderen Weg wählte das lokal ansässige Büro
RDH Architects (RDHA) für ein neues Stromaggregat in Toronto. Wenngleich sie die Gerätschaften selbst in eine metallische Fassade hüllten, verhalfen sie dem Bau doch zu einem ästhetischen Auftritt.
Der Bedarf an Anlagen für die Notstromversorgung ist in einer Metropole wie Toronto groß. In der nördlichen Innenstadt, unweit des bekannten CN Towers und des Lake Ontarios, musste ein stillgelegtes Notstromaggregat für den Bahnhof
Union Station ersetzt werden. Die verantwortliche Regierungsorganisation Metrolinx beauftragte RDHA mit der Planung des entsprechenden Neubaus. Zwischen Bahngleisen und einer Autobahnbrücke bestimmt die Tristesse einer Verkehrsschneise den Standort. Lediglich ein denkmalgeschütztes Stellwerkgebäude verleiht der Umgebung einen bauhistorischen Charme. Direkt neben diesen 1930 errichteten Walmdachbau von Wilson Orrock, damaliger Chef-Bauingenieur bei der Canadian Pacific Railway, wurde das neue Notstromaggregat platziert.
Formgebend für die Ausmaße des Neubaus war sein historischer Nachbar, schreiben die Architekt*innen. Die Horizontalen der Fassade orientieren sich an Sockelhöhe, Fensterstürzen und Traufhöhen des Stellwerks. An einer Stahlkonstruktion befestigte Lamellen aus poliertem Aluminium, die das Stromaggregat umhüllen, lassen dabei Einblicke in das technische Innere zu. Ein wenig wundern darf man sich bei der Halfpipe-ähnlichen Stützwand zwischen beiden Bauten. Die Rundung – die auch in der Metallfassade auftaucht – versucht laut RDHA eine Referenz zur Dachform des historischen Stellwerksgebäudes herzustellen.
Auf der Ebene in Höhe der Bahngleise finden die technischen Komponenten des Notstromaggregats ihren Platz. Die Belüftung des Generators wird durch die Lamellen gewährleistet. Deren Öffnungswinkel lässt sich entsprechend des Kühlbedarfs der Gerätschaften anpassen. Die reliefartige Oberfläche der Lamellenfassade wird bei Dunkelheit durch entsprechende Beleuchtung betont. So gelingt es den Architekt*innen, die infrastrukturelle Anlage mit einer, wenn auch dezenten, architektonischen Wertschätzung zu bereichern.
Text: Kjell Reiter
Fotos: Tom Arban
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Auch Heide & von Beckerath entwarfen eine Metallfassade für eine infrastrukturelle Anlage. Ihr Umspannwerk in Berlin bildet dabei ebenfalls ein interessantes Gegenüber, nämlich zu einem expressionistischen Backsteinbau.
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