In Wien wird aktuell so viel gebaut, wie schon lange nicht mehr. Das 34 Hektar große Sonnwendviertel, südöstlich des Wiener Hauptbahnhofs ist Teil des 10. Gemeindebezirks Favoriten und soll bis 2025 auf der Fläche des ehemaligen Güterbahnhofs entstehen. Schon jetzt findet sich hier ein spannendes Projekt der lokalen Architekturszene.
Für das Quartiershaus Stadtelefant haben sich die befreundeten Wiener Architekturbüros SOLID, PLOV und Franz&Sue mit den branchennahen Unternehmen A-Null Bausoftware sowie Hoyer Brandschutz als Gewerbebaugruppe zusammengetan. Die Planung des Hauses haben Franz&Sue unter Berücksichtigung der Wünsche aller Beteiligten übernommen. Als Mieter finden die Architekturstiftung Österreich und der Verein architecture in progress im Erdgeschoss Platz.
Das Ergebnis der Zusammenarbeit ist ein achtstöckiges Haus für Kreative, ein Denk- und Veranstaltungsort, der im Erdgeschoss eine öffentliche Kantine und in den oberen Etagen auch Wohnraum vorhält. Dabei zeigt das Kollektiv nicht nur Unternehmergeist, sondern auch eine gute Portion Mut, zum Beispiel, als es einen Bauträger zurücklässt, der nicht die gemeinsamen Qualitätsvorstellungen teilt: Diese stützen sich im Wesentlichen auf die zentralen Forderungen der Gründerzeithäuser um 1900: Hohe, nutzungsoffene, großzügig belichtete Räume und ein tragfähige dauerhafte Konstruktion. Für die Raumhöhen von 3,20 Metern musste dann konsequenterweise auf ein mögliches zusätzliches Geschoss verzichtet werden. Kluge Grundsatzentscheidungen, dezidierte Materialwahl und präzise Planung helfen gegen den Kostendruck. Im Grundriss bleiben die einzelnen Etagen offen gestaltbar, auf tragende Zwischenwände, Gänge oder Erschließungsflächen wurde verzichtet. Struktur geben lediglich das Treppenhaus und die WC-Kerne vor, so bleiben die Räumlichkeiten langfristig flexibel nutzbar.
Gute Architektur findet schließlich immer seltener Platz in den dichten Räumen der Großstädte. Das Haus mit seiner – trotz beziehungsweise gerade wegen den zur Verfügung stehenden, überschaubaren Finanzmitteln – klaren Ästhetik ist auf die Kernform reduziert. 3,3 x 3,6 Meter große Betonfertigteile aus dem Industriebau mit vorbehandelten Oberflächen an den Außen- und Innenseiten, die mit breiten Silikonfugen zusammengefügt wurden, bilden die Fassade. Die Dämmung ist bereits eingelegt. Die Lage an einem schwierigen Restgrundstück, das von einer Tiefgarage bedrängt wird, die Schaffung eines öffentliche Ortes, der 100 Quadratmeter großen Kantine im Erdgeschoss, in der täglich für die Mitarbeiter*innen und Besucher frisch gekocht wird: All das zusammen wird zu einem Manifest gegen den allgemein gültigen Investorenstädtebau und zeigt, dass es auch anders geht. Auf der Webseite heben die Architekt*innen das gemeinsame Arbeiten auf Augenhöhe und den damit einhergehenden Wissensaustausch hervor, der sich eben auch auf die gemeinsam verbrachte Mittagspause ausweiten kann. Das Projekt wurde mit dem Bauherrenpreis 2019 ausgezeichnet. (tl)
Fotos: Andreas Buchberger & Louai Abdul Fattah
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xvm | 30.01.2020 00:58 Uhrarggh
#Retro-Platte
auch von innen solch Anmutung. Warum müssen denn die Fenster solch spießige Langeweile ausstrahlen. Und das Konstruktionsraster nicht so schmal! Kein Wunder dass das so aussieht wie es aussieht :-(