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16.06.2022
Rettet die GSW-Fassade
Protest gegen Umbaupläne in Berlin
Ende Mai veröffentlichte das Berliner Büro Sauerbruch Hutton einen Offenen Brief unter dem Titel „Rettet die GSW-Fassade!“ als Petition auf change.org. Darin kritisiert es die vom zuständigen Immobilienverwalter geplante Umgestaltung des Hochhauses in Berlin-Kreuzberg. Die Petition zählt mittlerweile über 4.500 Unterschriften. Nun reagiert auch die Berliner Senatsbaudirektion.
Von Sara Lusic-Alavanja
Der Aufruf des Architekturbüros Sauerbruch Hutton reiht sich ein in die Liste jüngster Initiativen, die mit Petitionen Aufmerksamkeit für den Erhalt von Abriss oder Umbau gefährdeter Architektur schaffen wollen. In Berlin zählten in den vergangenen zwei Jahren dazu der Mäusebunker und das Institut für Hygiene und Umweltmedizin in Steglitz, das Jugendzentrum in Moabit und die Poelzig-Villa im Ortsteil Westend. Über Fragen des Denkmalschutzes hinaus versuchen die Initiativen, wie auch das aktuelle Beispiel zeigt, das Thema der Ressourcenschonung ins Blickfeld der von ihnen ausgelösten Debatten zum Umgang mit Bestand zu rücken.
In den 1990er Jahren planten Sauerbruch Hutton die damalige Hauptverwaltung des Wohnimmobilienunternehmens GSW in Berlin-Kreuzberg. Der preisgekrönte Nachwendebau liegt unweit des Checkpoint Charlie und bildet zwischen Rudi-Dutschke- und Charlottenstraße gelegen einen markanten Hochpunkt an der Grenze zum Stadtteil Mitte. Er resultierte aus einem Wettbewerb, der 1990 kurz nach der Wiedervereinigung ausgelobt wurde. Auch aufgrund der gestalterischen und technischen Umsetzung seines energiesparenden Konzeptes und der Integration eines Bestandsbaus aus den 1960er Jahren wurde das Bauwerk 2000 mit dem BDA Berlin Preis, 2001 mit dem Deutschen Fassadenpreis für vorgehängte hinterlüftete Fassaden und 2003 mit dem Bauphysikpreis ausgezeichnet.
Ein besonderes Merkmal des GSW-Hochhauses ist seine Westfassade. Beschichtet mit neun verschieden rötlichen Sonderfarben, fungieren die verschieb- und drehbaren Aluminium-Paneele hinter der verglasten Fassade als Sonnenschutz. Der Immobilienverwalter Sienna Real Estate Property Management will diese Fassadenelemente nun „im Auftrag des Eigentümers“, so heißt es im Offenen Brief, durch „Stoffbehänge ersetzen, die lediglich vertikal auf- und wieder eingerollt werden können.“ Die vom Unternehmen übermittelten Farbvarianten, schreiben Sauerbruch Hutton, seien dabei auf das Angebot eines Anbieters beschränkt und „verunglimpf[en] die gestalterische Logik“. Des Weiteren kritisieren sie die Ressourcenverschwendung der geplanten Maßnahmen und plädieren für eine Reparatur der „in der Reaktion auf das Klima (Wind, Konvektion, Querlüftung, Sonnenstand) hin entworfen[en]“ Gebäudefassade.
Bereits vor der Veröffentlichung des Offenen Briefes sprachen sich Sauerbruch Hutton gegenüber Sienna gegen den vom Immobilienverwalter geplanten Umbau der charakteristischen Westfassade aus. Bislang äußerte sich das Unternehmen öffentlich weder zu der Petition noch zum geplanten Zeitpunkt der Umgestaltung. 2005 hatte die GSW ihre Hauptverwaltung veräußert, seitdem gab es mehrere Eigentümerwechsel. 2016 zog das Unternehmen Rocket Internet als namensgebender Hauptmieter in das Gebäudes ein, das seit 2017 als Rocket Tower geführt wird. Mehrheitseigentümerin des Gebäudes ist derzeit die in Paris ansässige Amundi Real Estate, die die Immobilie 2017 kaufte und nach Informationen der Immobilien Zeitung 2018 Anteile an den finnischen Rentenversicherer Ilmarinen veräußerte. Die Angelegenheit des Offenen Briefes, so ließ Amundi gegenüber BauNetz mitteilen, werde aktuell bearbeitet.
Seit ihrem Aufruf erhalten Sauerbruch Hutton prominente Unterstützung und mediale Resonanz. Mittlerweile haben über 4.700 Personen die Petition unterzeichnet, darunter die Berliner Senatsbaudirektorin a. D. Regula Lüscher, die Kunstgrößen Olafur Eliasson und Katharina Grosse und die Architekten Daniel Libeskind und Kees Christiaanse. Der BDA Berlin protestierte ebenfalls gegen die Fassadenveränderung. Inzwischen hat auch die Berliner Senatsbaudirektion reagiert. Am 4. Juli wird die geplante Fassadenumgestaltung Thema in der öffentlichen Sitzung des Berliner Baukollegiums sein.
Fotos: Noshe, Annette Kisling
Zum Thema:
Der Offene Brief wurde als Petition auf change.org veröffentlicht.
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Die ehemalige GSW-Hauptverwaltung wurde in den 1990er Jahren von Sauerbruch Hutton geplant.
Charakteristisch für das Hochhaus ist die aus beschichteten Aluminiumblechen bestehende Sonnenschutzanlage auf der Westfassade des Gebäudes.
Südlich des Gebäudes befindet sich die von John Hejduk im Rahmen der IBA'87 entworfene Wohnanlage mit Atelierturm.
Der Immobilienverwalter Sienna Real Estate entwickelte unterschiedliche Varianten für neue Sonnenschutzelemente.
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