Es waren dann doch alle etwas verdutzt auf der Pressekonferenz, die heute im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung stattfand: „Wie verbindlich sind denn jetzt die Gewinnerentwürfe?“, fragte eine Journalistin. „Was soll denn genau in der Bauakademie stattfinden?“. Und vielmehr: „Wo sieht man denn überhaupt Schinkel?“
Dieser Wettbewerb zur Wiedererrichtung der Berliner Bauakademie unter dem Motto „So viel Schinkel wie möglich” ist nämlich ein besonderer: Anstelle eines klassischen Realisierungswettbewerbs zur Architektur hat der Bund in Zusammenarbeit mit dem Berliner Senat das löbliche Experiment gewagt, einen offenen Wettbewerb allein zu den zukünftigen Nutzungsmöglichkeiten des Gebäudes auszuschreiben. Insgesamt 78 Arbeitsgemeinschaften und Büros aus dem In- und Ausland reichten ihre Vorschläge ein. Mit der vagen Angabe in dem zu errichtenden Schinkelbau einen „Ort für Diskurskultur über Architektur“ zu ermöglichen, entwickelten die Teilnehmer ihre Vorschläge für ein räumliches und institutionelles Programm.
Es sollte also erst einmal der Inhalt für ein Bauwerk gefunden werden und nicht seine Hülle. Das war das Ziel des Wettbewerbs, und die Lehre die man aus dem Schlossdesaster gezogen hat, bei dem zunächst über die Fassadenornamentik diskutiert wurde, ehe man wusste, was hinter dem Barockschmuck einmal vonstatten gehen sollte. Dementsprechend gab es auf der Pressekonferenz wenig Greifbares: Keine Modelle, keine säuberlich oder gebrochen rekonstruierte Schinkelfassaden waren zu sehen, sondern fünf Tafeln mit Plänen, Texten und Diagrammen. Denn für fünf ebenbürtige Gewinner hat sich das Preiskomitee am 3. Mai entschieden, dem unter anderem Bernd Scherer vom Berliner Haus der Kulturen der Welt, Barbara Ettinger-Brinckmann, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer, und der SPD-Bundestagsabgeordnete Florian Pronold angehörten.
Die Gewinner sind:
- Ulrich Müller mit AFF Architekten (beide Berlin)
- merz merz (Berlin)
- Limited Edition Architecture (Berlin)
- Dreher-Architekt (Berlin)
- Arbeitsgemeinschaft studioeuropa (München) und Fopp Zaugg (Zürich)
Außerdem wurden fünf Anerkennungen vergeben:
- Schlotmann Architekten (Düsseldorf)
- Frank Görge Architektur Stadt Landschaft (Hamburg)
- FAR frohn & rojas (Berlin)
- ARGE Kuehn/Tomic (Berlin/Graz)
- Götz Architekten (Berlin)
Die fünf Gewinner liefern nun „Ideenbausteine”, wie der Juryvorsitzender Pronold es formulierte, aus denen dann das institutionelle und inhaltliche Programm für die neue Bauakademie entwickelt werden soll. Danach folgt ein Realisierungswettbewerb. Außerdem soll jetzt eine Stiftung für die „Nationale Bauakademie“ gegründet werden, unter deren Obhut das weitere Programm unter Einbeziehung der fünf Gewinner erarbeitet wird. Für die Wiedererrichtung der Bauakademie als Nationale Bauakademie stehen für Planung und Bau im Bundeshaushalt rund 62 Millionen Euro zur Verfügung.
(sj)
Zum Thema:
In der Baunetzwoche#498 blickt Autor Jürgen Tietz noch einmal auf die lange Geschichte der Wiederaufbaudebatte um die Berliner Bauakademie.
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Kaptain Kirk | 14.05.2018 09:29 UhrEhrlichkeit
Anscheinend ist es den politisch verantwortlichen inzwischen Peinlich, dass sie in völliger Unkenntnis der Tragweite des eigenen Handelns, der völkisch-nationalkonservativen Wende mit dem Scheinschloss einen zentralen Symbolbau geschenkt haben. Diesen Fehler will man nun verständlicher Weise kein zweites mal begehen.
Der erste falsche Schritt ist jedoch bereits getan. Wieder soll ein symboöträchtiges, historisches Gebäude rekonstruiert werden ohne ein konkretes Programm zu haben. Entsprechend hilflos wirken die Wettberwebsbeiträge. Richtig wär die Fragestellung, was die Stadt an dieser Stelle braucht. Dabei müsste aber auch eine Antwort zulässig sein, die nicht mit der Bauakademie arbeitet.