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10.11.2023

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Tischlern in lichten Räumen

Produktionsgebäude von Simon Moosbrugger in Vorarlberg


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Produktionsanlagen im ländlichen Raum haben eine Tendenz zu ausuferndem Wachstum. Stammgebäude bleiben erhalten und werden Jahrzehnt für Jahrzehnt um weitere Gebäude ergänzt. Diese Entwicklung wird auch dadurch verstärkt, dass es in solchen Umgebungen selten an Platz mangelt. Bei einer Tischlerei in Schnepfau im nordwestlichen Vorarlberg wählten der junge Architekt Simon Moosbrugger (Andelsbuch) und seine Auftraggeber hingegen einen anderen Weg. Sie realisierten ein kompaktes Gebäude, das den gesamten Betrieb aufnimmt und bei dem sogar die Parkplätze im Untergeschoss verschwinden.

Die neue Tischlerei in Form eines länglichen Baukörpers entstand am Ortseingang. Die gesamte Erschließung erfolgt über die Ostseite, wo sich zwischen einem vorgelagerten Technikbau aus Sichtbeton und dem eigentlichen Produktionsgebäude auch die Einfahrt in die Tiefgarage befindet. Das Volumen mit einer Nutzfläche von 4.800 Quadratmetern unterteilt sich in einen gebäudehohen Werkbereich und einen zweigeschossigen Trakt mit Verwaltung, Planung und Ausstellungsraum. Realisiert wurde der Neubau als Holzkonstruktion über einem Untergeschoss aus Stahlbeton.

Das gute Gespür der Bauherrschaft für das gewählte Material kommt auch in der architektonischen Gestaltung zum Ausdruck. Im unteren Teil der Halle sorgt eine Beplankung im Fischgrätmuster für subtile Varianz, während der obere Abschnitt dank vertikal gesetzter Bretter homogener wirkt. Horizontale Holzlagen bilden außerdem eine Art Attika. Hinter dieser verbergen sich Solarpaneele und Oberlichter, die in der Halle für gute Arbeitsverhältnisse sorgen. Fensterbänder und ein kleiner Patio mit einem Bäumchen lockern außerdem das Obergeschoss auf.

Im Inneren der Halle ermöglichen hohe Fachwerkträger aus verleimtem Buchenholz einen stützenfreien Produktionsbereich. Der helle Raumeindruck wird durch das schimmernde Metall der Belüftungsanlagen und durch die Trapezbleche des Daches unterstrichen.

Für Simon Moosbrugger endet mit der Fertigstellung der Tischlerei übrigens eine Episode, die bereits 2015 mit seinem Diplom an der TU Wien begann – hier zu sehen bei Campus Masters. Schon damals hatte er sich mit dem Bedarf der Tischlerei beschäftigt und ein Projekt entwickelt, das als guter Ausgangspunkt für das nun realisierte Vorhaben gedient haben dürfte. (sb)

Fotos: Simon Oberhofer


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Kommentare

10

a_C | 21.11.2023 09:51 Uhr

- Danke für die Stellungnahme -

Lieber Herr Moosbrugger,

vielen Dank, dass Sie sich zu dem Vorhaben und seiner Entstehung äußern.

Sie haben ein ganz vortreffliches Gebäude geschaffen, was in meinem Kommentar sicher zu kurz kam. Darauf können Sie stolz sein.

Für die mMn großen raumplanerischen Mängel, die in Österreich bei Themen wie Entwicklung der Siedlungskörper, Erschließung und Versiegelung herrschen, können Sie nichts. Die Schweizer Nachbarn machen das unter nahezu denselben Voraussetzungen wesentlich besser.

Früher oder später wird es mit Blick auf die Ressourcenknappheit hoffentlich auch in Österreich ein Umdenken geben - ggf. auch mit Korrekturen im Bestand. Da schmerzt es gleich doppelt, wenn es dann womöglich auch ein solch hervorragendes Gebäude betrifft.

9

Der | 20.11.2023 12:50 Uhr

Architekt

@8: Vielen Dank Herr Moosbrugger für Ihre ausführliche Stellungnahme. Alles in allem sehr nachvollziehbar und realitätsnah. Das Problem der hier auf baunetz rumstreunenden "Papierarchitekten" ist nunmal die Auseinandersetzung mit der bauenenden Realität. Zuhause vom Sofa oder vom Schreibtisch aus, ist nunmal jeder der bessere Nationaltrainer. Aber auf dem Platz wird letztendlich abgerechnet. Vielleicht sollte es mal eine Ausstellung der gebauten Werke, der hier ständig kommentierenden Kollegen geben. Die würde ich sogar privat gerne besuchen kommen. Nur um zu sehen, wie die feinen Damen und Herren die Hosen runterlassen...von mir jedenfalls gibt es ein Lob für die schöne Materialkomposition sowie die bauliche Umsetzung... Innen und Außen... das ist alles NICHT selbstverständlich...

8

DI Simon Moosbrugger Architekt ZT | 18.11.2023 18:28 Uhr

Stellungnahme

Guten Abend,

Ich darf diese Gelegenheit kurz nutzen um Stellung zu euren Aussagen zu nehmen, da ich der Meinung bin, dass uns in der praktischen Arbeit nur eine ehrliche Diskussion auf Augenhöhe weiterbringt. Dazu ist es aber notwendig, gewisse Hintergrundinformationen zu kennen die zu den jeweiligen Entscheidungen geführt haben.

Städtebau

Freistehende Solitäre einfacher Geometrie sind ortsüblich. Gebäude reihen sich seit Beginn der Aufzeichnungen entlang der alten Hauptstraße sehr lose aneinander. Das ist somit charakteristisches Merkmal der bregenzerwälder Straßendörfer und daher grundsätzlich Referenz/Grundlage. Nun ist es sehr schwierig, für ein Gebäude dieser Größe eine gänzlich passende "Lücke" zu finden wo zusätzlich die (Mehrzahl!) Grundeigentümer zum Verkauf bereit sind. Sie können sich vorstellen, wie schnell sie hier in der "Realität" ankommen. Es gab umfangreiche Abklärungen mit der Landesraumplanungsstelle/den örtlichen Behörden. Selbstverständlich ist es einer kleinen Gemeinde ein großes Anliegen, einen Betrieb der über 20 Arbeitsplätze generiert im Ort zu halten. Im übrigen darf ich festhalten, dass meine Diplomarbeit ein besser geeignetes Grundstück für den Neubau vorgesehen hat - da waren jedoch politische Bedingungen/Grundbestitz aber eben kein Thema.

Versiegelung

Zum einen erlauben die großen Lagerflächen im Keller eine Minimierung des die Größe des Gebäudes definierdenden Erdgeschoßes und somit eins zu eins der Minimierung verbauter Grundfläche. Darüber hinaus ist sich heute ein weitsichtiger Firmeninhaber sehr gut darüber bewusst, dass er seinen Standort und Standard nur dann halten kann, wenn er über zufriedene Mitarbeiter:innen verfügt und diese schauen heute richtigerweiße nicht mehr nur auf den Gehaltszettel, sondern eben verstärkt auch auf andere Annehmlichkeiten, die bspw. ein Mitbewerber nicht hat: wie eben eine Tiefgarage (im Winter hat es bis zu einem Meter Schnee, im Sommer 35°C), klimatisierte Arbeitsplätze, Handkrane, Luftbefeuchtungssysteme. Mir persönlich war es wichtig, dass es um das Gebäude herum eben auch ortstypisch ordentlich ausschaut. Dass um dieses herum Kühe grasen und nicht Autos rasen. Der Aushub war größtenteils Kies und musste weder weit transportiert noch entsorgt werden sondern kam wieder in den Kreislauf.

Ökologie

Wie bei den alten Gebäuden der region typisch und wie vom Holz her auch konstruktiv in diesen Klima seit jeher gefordert, sind sämtliche erdberührende Bauteile aus Stahlbeton (früher Stein) ausgeführt. Die Wände und Decken des mehrgeschossigen Gebäudeteiles sind aus Explosions - und Brandschutzgründen ebenso aus Stahlbeton ausgeführt, da sich dort die Lackiererei und Abluftschächte befinden. Darüberhinaus trägt dieser Gebäudeteil zur Aussteifung der gesamten Holzhalle bei. Der Anteil Beton der mit Holz verkleidet wurde ist bei diesem Projekt in Summe vernachlässigbar.

Hoffe etwas zur Aufklärung beigetragen zu haben.

Kollegiale Grüße
Simon Moosbrugger

7

a_C | 15.11.2023 13:54 Uhr

Architektonisch super, stadtplanerisch eine Katastrophe!

Dass die Österreicher ihre Landschaft verschandeln als hätten sie unendlich Platz, ist weit bekannt. Aber dass ein so schönes Gebäude auch einen Beitrag für diesen keinesfalls nachhaltigen, verschwenderischen Umgang mit dem Raum leistet, ist einfach nur tragisch.

6

Atlas | 13.11.2023 11:24 Uhr

Architektur

Sehr schönes Projekt. Tolle Arbeitsplätze.

@4: Beton ist ein genialer robuster Baustoff. Dieser wird zusehends auch nachhaltiger. Und das bisschen Holz wächst ja nach.

5

auch ein | 13.11.2023 08:09 Uhr

architekt

@1: und was wäre die lösung? KEINE tischlerei?
@4: das ist trotzdem PLATZ-sparend. wenn jeder auf der wiese parkt, die dann bald ein fester parkplatz wird sieht es bald aus wie überall in den dorf"industrie"gebieten!

schön gemacht! holzbau ohne in den büroräumen sauna-atmosphäre zu erzeugen
die bauherrschaft hat geschmack, sieht man auch am integrale in der garage ;-)

4

Sieben | 11.11.2023 19:33 Uhr

Beton

Wann hört man auf damit, Beton mit Holz zu verkleiden? Das sieht dann klimapositiv aus, ist aber genau das Gegenteil, weil schon wieder allmählich knapper werdendes Holz verschwendet wird, Holz von Bäumen, die jetzt kein CO2 mehr in O2 verwandeln können.
Und warum baut man eine Tiefgarage aus Beton (!), wenn man auf der unversiegelten Wiese daneben auch parken könnte?
Fazit: es sollte nicht nur von weitem klimapositiv aussehen . . .

3

arcseyler | 11.11.2023 09:13 Uhr

....

...ganz zwanglos

2

arcseyler | 11.11.2023 09:08 Uhr

.......

Die simple Schichtung des Ungetüms zum menschlichen Maßstab, dem Stockwerk.
Warum wird das, was bei jedem Gebäude seine Räumlichkeit ausmacht, nicht erlebbar gemacht. Die Schichtung der "Räume". Dieses Gefühl, das hier innen und außen zelebriert wird.

1

Arch.DI Rudolf Lamprecht | 10.11.2023 18:02 Uhr

Es wäre langsam Zeit

Wieser eine wunderschöne Wiese am Rande des Ortskerns versiegelt - und trotz der einwandfreien Architektur wird nichts hinterfragt.

 
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