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https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-Privatmuseum_von_Kengo_Kuma_in_der_Tuerkei_7002326.html

16.09.2019

Holzstapel für die Kunst

Privatmuseum von Kengo Kuma in der Türkei


Erol Tabanca ist ein türkischer Architekt, Geschäftsmann und Kunstsammler, der sich auf eigene Kosten in seiner Heimatstadt Eskişehir ein spektakuläres Museum errichtet hat. Das „Odunpazarı Modern Müze“ (OMM), das Museum für moderne Kunst im Stadtteil Odunpazarı, wurde am 8. September 2019 feierlich eröffnet. Auch Präsident Recep Tayyip Erdoğan kam zu dieser Gelegenheit in die 800.000-Einwohner-Stadt in der anatolischen Provinz. Die liegt etwa auf halber Strecke zwischen Istanbul und Ankara.

Tabanca, der seinen Reichtum einer steilen Karriere als Baumeister und Beamter in Turkmenistan verdankt, hat der Versuchung widerstanden, das Museum auch selbst zu entwerfen. Er beauftragte stattdessen Kengo Kuma & Associates (Tokio/Paris), weil Tabanca einen Architekten mit großem Namen, aber auch mit einer ortssensiblen Architektur und Spaß am Holzbau suchte. Eskişehir ist nämlich eine antike Handelsstadt, deren Zentrum von kleinen osmanischen Holzhäusern an gewundenen Straßen geprägt ist. Dort, am nördlichen Rand der Altstadt steht das OMM, das 2017 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Der Neubau sollte sich am Maßstab und der Atmosphäre der historischen Umgebung orientieren. Die größte Herausforderung bestand darin, das große Volumen in einen Dialog mit der Kleinteiligkeit der Altstadt zu bringen.

Kuma gelingt dies, indem er die Topographie des nach Norden abfallenden Bauplatzes in mehrere Terrassen teilt, auf denen das Museum in verschieden großen Volumen untergebracht wird. Mit ihrer Fassade aus groben Kanthölzern wirken die Kuben ein wenig wie ein großer Holzstapel oder übereinander gestapelte Kisten. Ein Eindruck, der durchaus beabsichtigt ist, denn in diesem Stadtviertel lebten früher die Holzhändler: „Odunpazarı“ heißt „Holzmarkt“.

Zum Zentrum hin wird der Stapel größer und die Kisten höher, so dass das Museum einen relativ sanften Übergang vom Maßstab der Altstadthäuser zu einem Platz vor dem Haupteingang und dann zum nördlich anschließenden, tiefer liegenden Atatürk-Boulevard bildet. Aus schmalen Gassen kommend, steht man ziemlich überraschend vor dem Museum. Vom Boulevard aus hingegen zeigt sich das OMM als auffällige Landmarke. Im Innern dreht sich die Organisation der insgesamt 4.500 Quadratmeter großen Flächen um einen zentralen Lichtschacht, der sich – mit versetzten Brettern markiert – durch das Gebäude windet. So gelangt Tageslicht in die inneren Ebenen, an den Glasbalustraden sind Blicke in die tiefer und höher gelegenen Ausstellungsräume möglich.

Istanbul ist und bleibt das Kraftzentrum der türkischen Kunstszene. Just am vergangenen Wochenende wurde dort die 16. Istanbul-Biennale „Der Siebte Kontinent“, die Kunstmesse „Istanbul Contemporary“ und das neue, private Kunstmuseum „Arter“ nach Entwürfen von Nicholas Grimshaw eröffnet. Dass nun aber auch in der Provinz ein zeitgenössisches Kunstmuseum eines wohlhabenden privaten Sammlers steht, ist ein mutiger Schritt. Die 300 Kilometer von Istanbul nach Eskişehir dauern mit dem Auto gut vier Stunden – wie oft wird sich das Kunstpublikum aus der Metropole in die anatolische Provinz locken lassen? (fh)


Video:



Zum Thema:

Im ARCHlab-Video spricht Kengo Kuma über sein Z58-Projekt Shanghai. Die Videoreihe ARCHlab ist eine Koproduktion von BauNetz und Prounen Film, mit freundlicher Unterstützung des Goethe Instituts und der Firma GIRA. Mehr Filme gibt es hier.


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Blick von Nordwesten auf den Haupteingang des OMM

Blick von Nordwesten auf den Haupteingang des OMM

Selfie-Stimmung am Haupteingang.

Selfie-Stimmung am Haupteingang.

Ein zentraler Lichtschacht bringt Tageslicht in die inneren Ausstellungsbereiche.

Ein zentraler Lichtschacht bringt Tageslicht in die inneren Ausstellungsbereiche.

Unterschiedliche Raumhöhen bringt Abwechslung in die Ausstellungsräume.

Unterschiedliche Raumhöhen bringt Abwechslung in die Ausstellungsräume.

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