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17.05.2021

Coronatest im Ladenlokal

Praxisumbau in Berlin von Wenke Schladitz und Christoph Wagner


Angesichts der Geschwindigkeit, mit der das SARS-CoV-2-Virus die Welt verändert hat, ist es bemerkenswert, dass sich immer wieder auch Planer*innen mit gestalterischer Expertise in die Bewältigung der Pandemie einbringen konnten. Ein Beispiel dafür ist der Umbau der hausärztlichen Praxis City Ost in Berlin-Friedrichshain von Christoph Wagner und Wenke Schladitz. Im Frühjahr 2020, als ein Impfstoff noch weit entfernt schien und Selbsttests nicht zu kaufen waren, bot man dort Covid-19-Tests an. Der Zufall wollte es, dass ein an die Praxisräume im Erdgeschoss des Berliner Altbaus angrenzendes Ladenlokal frei wurde, und so entstand die Idee, die Praxisräume zu erweitern und darin einen Testraum einzurichten. Seine Lage hatte den Vorteil, dass Patienten mit Corona-Verdacht direkt von der Straße aus eintreten konnten, ohne mit den anderen Patienten in Kontakt zu kommen.

Trotz des unkomplizierten Zugangs stand das von den Praxisinhaber*innen beauftragte Planungsteam aber auch vor Herausforderungen: Wie gestaltet man die Balance zwischen Offenheit und Privatsphäre? Und wie einen Raum, der Menschen empfängt, die meist mit großer Angst oder Schmerzen kommen, der aber auch den behandelnden Ärzt*innen eine angenehme Umgebung bietet? Hinzu kam, dass die Corona-Sprechstunde auch während der Bauzeit vormittags in den umzubauenden Räumen stattfinden musste und die Zeit – wie auch bei den pandemiebedingten Notkrankenhäusern und Impfzentren – drängte. Dass sich das Ergebnis auf angenehme Weise von schnell improvisierten Notfalllösungen oder auch üblichen Behandlungsräumen absetzt, hat vor allem mit einem guten Farbkonzept und dem geschickten Einsatz von Vorhängen zu tun.

Damit der Raum von der Straße aus nicht einsehbar ist, aber dennoch Tageslicht reinlässt, hängt in 60 cm Abstand zur Tür ein raumhoher Vorhang, der nicht geöffnet werden muss, wenn eine Person eintritt. Nur bis zur Höhe des notwendigen Sichtschutzes ist dieser blickdicht. So kann die behandelnde Person vom Schreibtisch aus durch den oberen Teil des Vorhangs nach draußen schauen. Weil das Niveau des Gehwegs eine Stufe tiefer liegt als der Boden im Innenraum, sind 1,80 m Höhe ausreichend, um vor den Blicken von Passanten zu schützen. Die Anordnung von Schreibtisch, Wandverkleidung und Regal nimmt ebenfalls die Höhe von 1,80 m auf und schafft so einen geschützten Raum für die Patient*innen. Die Untersuchungsliege ist durch ein Einbauregal und den Vorhang doppelt abgeschirmt.

Beim Umbau des Ladenlokals kamen Boden- und Wandfliesen aus der Bauzeit der ehemaligen Meierei zum Vorschein, die den hygienischen Anforderungen einer Praxis gerecht werden und deren Abnutzungserscheinungen ein lebendiges Bild vermitteln. Die in den Fliesen enthaltenen Blautöne wurden zum Ausgangspunkt des Farbkonzeptes, das komplementär durch Gelb- und Orangetöne sowie den Farbton der hell lasierten Multiplexplatten ergänzt wird. Die Papierschirme der Deckenleuchten, die von Berliner Designern entwickelt wurden, verbreiten ein warmes Licht, während LED-Strahler die nötigen Spots setzen.

Durch den Abbruch einer Trennwand wurde der neue Behandlungs- bzw. Corona-Testraum mit den bestehenden Praxisräumen verbunden. Eine verglaste Wand lässt den Raumverbund licht wirken, Personalgarderobe und Büroarbeitsplätze im hinteren Raum sind ebenfalls durch Vorhänge abgeschirmt. Der Umbau der angrenzenden, 380 Quadratmeter umfassenden Praxisräume soll im zweiten Bauabschnitt folgen. Das zum Testraum umgebaute Ladenlokal dient längst auch als Impfstelle, langfristig soll es zum ganz normalen Behandlungsraum werden. (fm)

Foto: Barbara Schmidt


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