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07.08.2019
Buchtipp: Liebeserklärung
Prague Brutally Beautiful
Prague Brutally Beautiful ist eine illustrierte Liebeserklärung an Prags weithin ungeliebtes architektonische Erbe der 70er- und 80er-Jahre. Seit 2012 organisiert die Initiative Scholastika Architekturführungen in der tschechischen Hauptstadt und setzt sich für den Erhalt der spätmodernen Architektur ein. Der vorliegende Band ist ein gelungener Versuch, die Führungen bildgewaltig in Buchform zu übersetzen.
Dabei leisten die jungen Autor*innen keine wissenschaftlichen Abhandlungen mit historischen Aufnahmen und Plänen. Vielmehr geben die kurzen Einleitungen und Beschreibungen nur die nötigen Impulse zur Entfaltung der fotografischen Dokumentation. Versteht man das Buch als Bildband, lassen sich auch kleinere Schwächen wie gelegentliche Flüchtigkeitsfehler und die bisweilen etwas wackelige Übersetzung leicht verzeihen. Dass die Bauwerke ganz selbstverständlich unter dem Label Brutalismus und nicht etwa als Sozialistische Moderne präsentiert werden, bezeugt einmal mehr, wie sehr Ersteres zum Schlagwort avanciert ist.
Die Situation in Prag ist symptomatisch für den schwierigen Stand, den die Architektur aus der Zeit des Kalten Kriegs in Mittel- und Osteuropa hat. Zu stark ist immer noch die Verbindung zwischen den Bauwerken und den kommunistischen Regimes, die sie einst in Auftrag gaben. Die breite Öffentlichkeit begrüßt, nicht zuletzt wegen dieser Konnotationen, weiterhin das allmähliche Verschwinden dieses Kapitels der Architekturgeschichte. Doch gelangen den Architekten bei genauerer Betrachtung bemerkenswert unabhängige und innovative Entwürfe, die zeigen, dass sich die Entwerfer oft so weit, wie sie nur konnten von der Parteilinie emanzipierten.
Die Aufnahmen der Fotografen Tomáš Souček, Petr Polák, Filip Šlapal und dem Duo BoysPlayNice setzen die Projekte eindrucksvoll in Szene. Bautypologisch nach ihrer Nutzung gegliedert, werden berühmte Bauten wie Karel Pragers Nová Scená, aber auch unbekanntere Schätze wie das Kontrollzentrum der Verkehrsbetriebe von Eva Růžičková und Vratislav Růžička gezeigt. Effektvoll verschränken die Herausgeber dokumentarische Blicke mit reizvollen Perspektiven, wodurch die insgesamt 31 Objekte trotz teilweise bemitleidenswertem Zustand im besten Licht erscheinen.
Leider gibt es von einigen Objekten lediglich Außenansichten. Dabei beweisen gerade die teils spektakulären Innenansichten, wie die tschechoslowakischen Architekten eine besondere Vorliebe für detailversessene Interieurs entwickelten.
Das großformatige Buch ist eine wohlverdiente Lobeshymne und stellenweise zugleich ein Nachruf. So wurde etwa der bemerkenswerte Transgas-Komplex von Václav Aulický, Jiří Eisenreich, Ivo Loos und Jindřich Malátek kurz nach Veröffentlichung des Buches abgerissen. Prague Brutally Beautiful trägt hoffentlich dazu bei, dass den übrigen Bauwerken ein ähnliches Schicksal erspart bleibt und sie eine wohlverdiente Renaissance erleben.
Text: Felix Torkar
Prague Brutally Beautiful. Exceptional Buildings Constructed in Prague Between 1969 and 1989
Ondřej Horák (Hg.)
Scholastika, Prag 2018
Englisch
254 Seiten
ISBN 978-80-907395-0-5
33 Euro
Zum Thema:
Das Buch wird – zusammen mit der Publikation „Beton, Břasy, Boletice. Brutalist Prague” – am Donnerstag, 5. September 2019 ab 19 Uhr in der tschechischen Botschaft (Wilhelmstraße 44, 10117 Berlin) vorgestellt. Die Veranstalter bitten um Anmeldung.
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Erweiterung Nationaltheater von Karel Prager, Jaroslava Brychtová, Stanislav Libensky, 1977-1983
Zentrale der DPP von Eva Ruzicková, Vratislav Ruzicka, 1972-1978
Transgas von Václav Aulickyy, Jirí Eisenreich, Ivo Loos, Jindrich Malátek, 1972-1978
Kulturpalast von Jaroslav Mayer, Ivan Lejcar, Josef Karlík, Jaroslav Trávnícek, 1976-1981
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