Poschiavo ist eine kleine Schweizer Ortschaft, die sich zwischen verschneiten Alpenspitzen an der Grenze Italiens versteckt. Gut, dass der Schweizer Heimatschutz sie nun mit dem Wakkerpreis 2025 ins Rampenlicht rückt. Gestern wurde die Graubündener Gemeinde für ihre vorbildliche Siedlungsentwicklung ausgezeichnet.
Mit 3.500 Einheimischen ist Poschiavo gewiss keine Metropole. Trotzdem gelang es dem Bergdorf, zwei Abwanderungswellen entgegenzustehen und der Bevölkerung eine bis heute wachsende Versorgung und ein breites Kulturangebot zu bieten. Gerade viele junge Menschen hatten die Talregion im 18. Jahrhundert verlassen, weil die Lebensgrundlage im Puschlavtal knapp war. Danach ließen sie sich in über 800 Städten zwischen Kopenhagen und Gibraltar nieder und wurden als Engadiner Zuckerbäcker weltbekannt.
Das Spaniolenviertel in Poschiavo erzählt mit seinen neoklassizistischen Palazzi von der Wiederkehr der Zuckerbäcker. Der woanders erworbene Reichtum ermöglichte ihnen, zusammen mit dem venezianischen Architekten Giovanni Sottovia einen ganzen Straßenzug mit Villen bebauen zu lassen. Mit der historisch gewachsenen Mitte der Gemeinde gehört die Nachbarschaft zum Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung.
Mit dem Preis wurde aber nicht nur ein romantisches Ergebnis der Geschichte ausgezeichnet. Lob gab es auch für zeitgenössische Entwicklungsansätze in Poschiavo und den umsichtigen Umgang mit dem Bauerbe. Bedingt durch die abgeschiedene Lage wurde die Gemeinde zu einem Modell für regionale Unabhängigkeit – vom eigenem Spital über Fernwärmeanlagen bis hin zu Schulen und einer Bibliothek. Der Ort nutze „seine periphere Lage als Chance“, so die Jury unter Vorsitz David Vuillaumes. Weiterhin verbinde er „Eigenständigkeit, Baukultur und nachhaltige Entwicklung zu einem zukunftsweisenden Modell für Bergregionen“.
Der Wakkerpreis besteht seit über 50 Jahren und bezog seine Mittel seither aus dem Vermächtnis des Genfer Geschäftsmanns Henri-Louis Wakker. Inzwischen tragen weitere Spenden dazu bei, die Auszeichnung am Leben zu erhalten. Im letzten Jahr ging der mit 20.000 Schweizer Franken dotierte Preis, den der Schweizer Heimatschutz einmal jährlich für vorbildhaften Ortsbildschutz verleiht, an den Verein Birsstadt. (tg)
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