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27.02.2025
In prominenter Umgebung
Polnische Botschaft in Berlin von JEMS Architekci
Mit der Eröffnung des polnischen Botschaftsneubaus am Berliner Boulevard Unter den Linden endet eine 25 Jahre lange, von mehreren Wendungen geprägte Planungsgeschichte. Das Warschauer Büro JEMS Architekci hat dem Haus nun eine Form gegeben, die zwischen ortsbezogenen Gestaltungsvorgaben und polnischem Selbstverständnis vermittelt.
Von Sophie Marthe
Der Zusammenhang zwischen prominenter Lage und langer Planungsgeschichte ist bei Bauprojekten in Berlin-Mitte keine Seltenheit. Jüngstes Beispiel: der Anfang des Jahres bezogene Neubau der Polnischen Botschaft. Er entstand nach Plänen von JEMS Architekci (Warschau) am Boulevard Unter den Linden, unweit vom Brandenburger Tor und den Botschaften von Frankreich, Großbritannien, Russland und den USA.
1964 hatte Polen ebendort von der DDR das Grundstück für seine Repräsentation erhalten. Bis 1990 fungierte der daraufhin nach Plänen von Emil Leybold und Christian Seyfarth errichtete Stahlskelettbau mit Vorhangfassade und farbigen Brüstungsfeldern als Botschaft der Volksrepublik Polen in der DDR. Nach der Wiedervereinigung und dem Umzug des Bundestages nach Berlin beantragte Polen eine Abrissgenehmigung für den denkmalgeschützten Bestand, begann Pläne für einen Botschaftsneubau zu schmieden und verlegte sein Botschaftspersonal 1999 in eine Villa im Westen Berlins.
Einen ersten Architekturwettbewerb 1998 gewannen Marek Budzyński, Zbigniew Badowski und Adam Kowalewski. An ihrem Entwurf wurde zunächst Kritik geäußert, erst nach mehrmaliger Überarbeitung erteilte der Berliner Senat die Baugenehmigung. Im Januar 2004 gab die polnische Regierung bekannt, auf den Neubau verzichten und stattdessen den Altbau sanieren zu wollen. Nach Polens Beitritt zur Europäischen Union folgten weitere Anläufe für einen Neubau. Ein Wettbewerb 2010/11 blieb ohne Ergebnis. Einen weiteren gewann 2012 das Büro JEMS Architekci.
2016 wurde der Bestandsbau abgerissen, 2018 die Baugenehmigung erteilt, von 2020 bis 2024 entstand der Neubau entsprechend dem siegreichen Wettbewerbsentwurf. Seit der Eröffnung im Januar 2025, pünktlich zu Beginn der polnischen EU-Ratspräsidentschaft, arbeiten die Diplomat*innen nun wieder aus Berlins Mitte.
Zwischen Gestaltungsverordnung und Selbstdarstellung
Für das Grundstück gilt die Baugestaltungsverordnung Historisches Zentrum. Sie macht unter anderem Vorgaben zur Gebäudehöhe, Fassadengliederung und Materialität. Zum Beispiel dürfen Bauflucht und Traufhöhe von 22 Metern nicht überschritten werden, Fassaden sind zurückhaltend und in gedeckten Farbtönen auszuführen. „Das bedeutete für uns, ein Gebäude zu kreieren, das sich deutlich in das Berliner Stadtbild einfügt und gleichzeitig eine starke eigene Identität besitzt“, erklärt der verantwortliche Architekt Marcin Sadowski.
Die Südfassade zur Straße Unter den Linden spannt zwischen dem Museum Madame Tussaud und dem künftigen Elisabeth-Selbert-Haus, das derzeit für die Verwaltung des Deutschen Bundestages gebaut wird. Ihre Gestaltung passt sich den hellen, steinernen Ansichten entlang der Straße an. Durch einen mehrschichtigen Aufbau und das helle Betonsteinraster entsteht eine räumliche Tiefe.
In dem von der Straße einsehbaren Hof hat ein Relikt des Vorgängerbaus Platz gefunden. Die 1966 gestaltete, denkmalgeschützte Lindenblätterwand des Bildhauers Fritz Kühn prägte einst dessen Straßenansicht. Zu Fritz Kühns deutschlandweit realisierten Kunst-am-Bau-Projekten und Skulpturen gehören allein in Berlin zum Beispiel das Fassadenrelief der Komischen Oper, die Portalwand der Berliner Stadtbibliothek in der Breite Straße und der Brunnen am Strausberger Platz.
Platz für 800 Gäste
Die Betonkonstruktion zieht sich über fünf Etagen plus Tiefgarage. Innenhöfe und Lichthöfe gliedern den tiefen Baukörper, holen Licht herein, ermöglichen Durch- und Ausblicke. Das über zwei Geschosse reichende Foyer bietet als Mittelpunkt des Hauses Platz für bis zu 800 Menschen. Schiebewände erlauben unterschiedliche Veranstaltungsgrößen und -formate.
Betonpfeiler und -unterzüge dominieren seine Erscheinung, ergänzt von hölzernen Wandverkleidungen und Parkettboden. Damit die Decke frei gestaltet werden konnte, sei die Haustechnik im Boden untergebracht, erklärt Buro Happold (Warschau), das die Tragwerks- und Gebäudetechnikplanung verantwortet. Auf der Gesamtnutzfläche von rund 12.000 Quadratmetern kommen zudem Konferenzräume, Büros und das Konsulat unter.
Fotos: Konrad Laskowski, Marcin Sadowski
Zum Thema:
Am Dienstag, 4. März 2025 um 15 Uhr lädt die Botschaft der Republik Polen Architekturinteressierte zum Rundgang mit Marcin Sadowski und Izabela Leple-Migdalska von JEMS Architekci. Um Anmeldung bis 1. März wird gebeten.
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