Der Vienybės-Platz in der litauischen Stadt Kaunas liegt zentral und ist von Bauten aus verschiedenen Epochen umgeben, darunter das Museum für Militärgeschichte und die Technische Universität. Ein besonders einladender Treffpunkt war er bislang jedoch nicht, eher ein meist ungenutzter Durchgangsort. Seit 2015 hat das Wiesbadener Büro 3deluxe im Auftrag des litauischen Projektentwicklers SBA Group das Potenzial des Platzes untersucht und ein Konzept für seine grundlegende Umgestaltung entworfen. Im Mai 2020 kamen die Bauarbeiten zum Abschluss – und schon wandelt sich das Bild: Kinder toben herum, Menschen machen Pause, lesen Zeitung, trinken Kaffee.
Organisch geformte Grünflächen, mäandernde Wasserspiele, Bänke, Mäuerchen und Sitzstufen auf verschiedene Höhenebenen bilden nun eine urbane Landschaft, die nicht nur Passant*innen zum Verweilen einlädt, sondern auch ein Paradies für Skater und Biker ist. Und die sind – sozusagen als Vorreiter einer neuen Mobilität – herzlich eingeladen, sich hier zu vergnügen, denn die neue V-Plaza, so der Name des Projekts, soll zum repräsentativen „Wohnzimmer“ für eine junge, dynamische Gesellschaft avancieren und die Innovationsfreude des Landes widerspiegeln, das als ein Vorreiter der Digitalisierung gilt.
Um den Platz neu zu bespielen, konzipierte 3deluxe zunächst ein strukturierendes Raster aus sichtbaren Bodenlinien, aus dem dann zwei Ebenen modelliert wurden: eine lineare, die den historischen Kontext abbilden soll und bestehende Sicht- und Wegachsen berücksichtigt und eine organisch-fluide, die den natürlichen Passantenfluss nachzuzeichnen versucht. Dazwischen bilden sich Inseln, die unterschiedlich belebt werden – sei es als kleine Liegewiese, Skatepark, Brunnen oder möglicher Veranstaltungsort. Helle Materialien wie Granit, Holz und Formbeton sollen in Kombination mit Begrünung und Wasserflächen eine möglichst ansprechende, unbeschwerte Atmosphäre entstehen lassen. Um die anspruchsvollen Freiformen zur realisieren, wurden sogar Spezialisten für den Bau von Skateparks herangezogen.
Das Großprojekt umfasste darüber hinaus auch die Neugestaltung der an der Ostseite des Platzes angrenzenden Gebäudezeile. Sie ist nun geprägt von weißem Putz und großen Fensteröffnungen, die verschiedene Geometrien durchspielen. Dabei beziehen sie sich auf Litauens Baugeschichte der Moderne, wie im Pressetext zu lesen ist: Das Eckgebäude orientiere sich mit seinen abgerundeten Formen am Art déco-Erbe, während der mittlere Block mit langen horizontalen Fensterbändern die Bauhaus-Tradition der Stadt zitiere. Daran anschließend soll eine kubische Formensprache mit klaren Vertikalen Motive des International Style und Mid Century Modern aufgreifen. Im Inneren sind alle Gebäude miteinander verknüpft und schaffen viele offene Flächen für Coworking und neue Arbeitsformen. Shops, Cafés und Restaurants gibt es natürlich auch.
Insgesamt gesehen beinhaltete die Bauaufgabe das Redesign von 15.400 Quadratmetern Platzfläche, knapp 17.000 Quadratmetern Gebäude- und 16.000 Quadratmetern Tiefgaragenfläche. Kostenpunkt: 4 Millionen für den oberirdischen Platz, 8,5 Millionen Euro für das unterirdische Parkdeck und 27,5 Millionen für die neuen Fassaden und Innenausbauten. (da)
Fotos: Norbert Tukaj, Sascha Jahnke
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Nick | 25.10.2024 14:00 UhrWunderschön
Sieht echt toll aus. Ein Raum in dem sich jung und alt gerne aufhalten. Klar, dass es den Kommentator*Innen aus Deutschland nicht gefällt: Es ist viel zu sauber, es fehlt der Müll, das Graffiti und die Alkoholiker und Talahons wie man es aus dem öffentlichen Raum in Deutschland kennt. Zum Glück sieht es noch nicht überall so verwahrlost aus wie hierzulande.