An Nachrichten aus China mit den Präfixen Mega oder Giga sind wir gewöhnt. Die Pläne um Jing-Jin-Ji, die vor etwa zwei Jahren bekannt wurden, verdient den Superlativ tatsächlich. Die neue Region, die durch den Zusammenschluss von Peking mit der Hafenstadt Tianjin und der Provinz Hebei entsteht, wird auf einer Fläche von 210.000 Quadratkilometern 130 Millionen Einwohner haben. Damit ist Jing-Jin-Ji dreimal so groß wie Bayern, hat aber rund 10 mal so viele Einwohner. Hier soll auch der zukünftige Regierungssitz von Peking entstehen, im alten Peking ist es für die Verwaltung offenbar zu eng geworden.
In Tongzhou, eine knappe Stunde östlich des Tian’anmen Platzes, ist dafür ein 600 Hektar großes Areal vorgesehen, mit Verwaltungsbauten, Kultur- und Einkaufszentren sowie Wohnquartieren, umringt von Parkanlagen. Ein städtebaulicher Masterplan liegt bereits vor, nun wurde ein Wettbewerb für die Landschaftsplanung entschieden. Drei erste Preise wurden vergeben. Einer davon, die anderen beiden sind nicht bekannt, ging an ein Team mit deutscher Beteiligung. Dieses besteht aus der Chinese Academy for Urban Planning und Design (CAUPD) und dem Ingenieurbüro Wasser Hannover, das wiederum mit Cityförster zusammen gearbeitet hat.
Für die Freiraumplanung des 600 Hektar großen Areals schlagen die Planer unter anderem ein Wasser- und Freiraumsystem mit innovativen Techniken zur Wasserreinigung und einem ressourcensparenden Grauwassernutzungskonzept vor. Dieses sei, so der Geschäftsführer von Wasser Hannover Chiyan Peng, wohl vor allem ausschlaggebend für die Erstplatzierung gewesen.
Der ökologisch und technisch notwendige Regenwasserkanal ist ein Element, mit dem die Planer versuchen, Notwendiges mit Nützlichem zu verbinden und einen Mehrwert fürs Quartier zu erreichen. Anstatt unterirdisch durch Rohre fließt das Regenwasser sichtbar durch den Fußgängerbereich und ist als Stadtlandschaftselement inszeniert, das die jeweiligen Identitäten der Dienstleistungs-, Einzelhandels- und Wohnquartiere prägt.
Nach dem Motto „besseres Wasser – bessere Stadt“ sind außerdem Schwammstadtmaßnahmen integriert. Scheinbar triviale Straßenbäume in Pflanzkästen helfen, die versiegelten Straßenräume zu entwässern. Das Wasser fließt auf der Oberfläche zu den Pflanzkästen, wird dort „aufgesogen“ und nach und nach in einen unter der Straße liegenden Kanal abgegeben. So können auch starke Regenfälle abgepuffert und der Abwasserkanal entlastet werden.
Ob im neuen Pekinger Regierungsviertel demnächst tatsächlich so viel oberirdisches Wasser fließen wird, ist noch offen. Der Auftraggeber, die Stadt Peking, so vermuten die Mitarbeiter von Cityförster, will nun mit allen drei Wettbewerbsgewinnern um den Auftrag verhandeln. (fm)