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15.06.2010

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Präzision durch Unschärfe

Pläne für Dessauer Meisterhaus vorgestellt


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In der viel diskutierten Frage nach dem Umgang mit den beiden verlorenen Meisterhäusern in Dessau hat das beauftragte Berliner Architekturbüro Bruno Fioretti Marquez gestern Abend in Dessau seinen Entwurf für das Meisterhaus Gropius erstmals öffentlich vorgestellt. Wie berichtet (siehe BauNetz-Meldung vom 22. April 2010), plant das Büro eine „unscharfe“ Rekonstruktion des ursprünglichen Baus. Die Architekten erläuterten ihren bemerkenswerten Entwurfsansatz gestern einleitend so:

„In dieser Aufgabe steht nicht die Dokumentation eines historischen Zustands im Vordergrund, es geht nicht um eine wissenschaftliche Pflicht gegenüber der Geschichte der Architektur. Es geht hier um etwas Subtiles, um etwas Hinterlistigeres; es geht um ein Gedächtnis, es geht um Erinnerungen.

Erinnerungen leben von Unschärfen, Ungenauigkeiten. Wir müssen mit diesen Unschärfen und Ungenauigkeiten arbeiten, um den richtigen Tonfall für diese Aufgabe zu finden.

Die neue Intervention konfrontiert uns mit einem ziemlich unlösbaren Rätsel: Sie muss die Kraft haben, eine Präsenz und gleichzeitig eine Abwesenheit zu evozieren. Sie muss präzise mit Unschärfe umgehen können.“


Um „die Umrisse des Entwurfes zu definieren“, greifen die Architekten auf Konzepte der Kunst zurück. Sie berufen sich dabei zum Einen auf die „Architecture-Serie“ von Hiroshi Sugimoto. Dafür wurden Architektur-Inkunablen mit der „Doppelt Unendlich“-Einstellung fotografiert, was für „die gleichmäßige Auflösung aller Konturen, das Verschwimmen der Formen, die Reduktion der Masse auf ihre Helldunkelwerte“ sorgt.

Außerdem berufen sich die Architekten auf die Arbeiten von Thomas Demand, der seine Szenarien als Papiermodelle nachbaut, diese fotografiert und die Modelle hernach zerstört:  „Die Bilder werden durch das bewusste Auslassen von Details abstrahiert und verfremdet. Bilder, die eine außergewöhnliche atmosphärische Dichte erzeugen.“

Die Architekten wollen also „Unschärfe durch Präzision erzeugen“. Am Beispiel des Hauses Gropius erläutern sie dann ihre konkreten Maßnahmen. Ausgehend vom Gipsmodell wird das Haus in zwei operative Komponenten zerlegt: eine „Außen-Hülle“ und eine „interne Gliederung“.

  • „Die Hülle wird als monolithischer Abguss abgebildet. Dimensionen und Proportionen des Hauses Gropius werden, an die ursprüngliche städtebauliche Situation erinnernd, übernommen.

  • Die interne Gliederung ist ein plastischer Höhlkörper aus gestrichenem Holz. Die Kompositionslinien des ursprünglichen Hauses werden fragmentarisch aufgezeichnet und als überdimensioniertes Möbel abgebildet. Die räumliche Sequenz des Hauses ist damit angedeutet,  aber nicht 1:1 wiedergegeben.“

Diese Reduzierung des Hauses entwickele also „eine selbständige Komposition, eine Spannung zwischen massiver Hülle und hölzernem Einbau“. Und zum Schluss ihrer Erläuterungen stellen die Architekten klar, was diese Maßnahme nicht sein soll: „Das Projekt ist in keiner Weise als Rekonstruktion zu verstehen, sondern stellt eine Interpretation des ursprünglichen Hauses dar.“


 
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