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06.10.2014

Spanische Spitzen

Philharmonie von Barozzi Veiga in Stettin eröffnet


Die historische Innenstadt von Stettin ist bis heute von schweren Kriegsschäden geprägt. Während nach dem Krieg wichtige Zentrumsfunktionen in die vergleichsweise wenig zerstörte Neustadt des 19. Jahrhunderts gezogen sind, blieb die Altstadt mit einfachen Wohnzeilen aus der Nachkriegszeit dünn besiedelt. An der Schnittstelle zwischen Alt- und Neustadt befand sich das alte Konzerthaus. Es ist nach Kriegszerstörung nicht wieder aufgebaut worden – jahrzehntelang war hier ein Parkplatz.

Jetzt ist, auch als Zeichen des Aufbruchs in der Ostsee-Hafenstadt, an eben dieser Stelle eine neue Philharmonie entstanden. Der Entwurf stammt von dem spanisch-italienischen Büro Barozzi Veiga aus Barcelona. Anfang September wurde die Philharmonie eingeweiht.

Die Architekten halten sich zugute, dass sie oft fernab ihres Bürositzes im Ausland bauen und somit unbeeinflusst und vorurteilsfrei entwerfen können. Mit ihrem Entwurf wollen sie eine Verbindung zur kulturellen Vergangenheit herstellen und für Einwohner und Besucher Stettins ein „Referenzgebäude“ schaffen, an dem man sich orientiert.

Die neue Philharmonie strebt nach den Worten ihrer Architekten eine „pure und klare Architektur“ an, die „ihre Stärke in wenigen expressiven Elementen kondensiert“. Dazu adaptiert der Entwurf eine Reihe von vorgefundenen Elementen: die steilen Dächer der (alten) Innenstadtbebauung, die senkrechten Gebäudefugen des typischen städtischen Blocks, die Verzierungen der neugotischen Kirchen, die malerischen, in der Altstadt verteilten Türmchen und nicht zuletzt die nahegelegenen Werften mit ihren Industriebau-Elementen wie Kräne und Masten. Die Philharmonie soll so etwas wie eine Summe aus alledem sein.

Hochschießende Formen, die mit transluzenten Glastafeln verkleidet sind, bestimmen den Baukörper in Form eines riesigen Kristalls, der einen Kontrast zu seinem unmittelbaren Umfeld bilden soll. Es ist ein lebendiges und „fast transparentes“ Objekt geworden, das sein Erscheinungsbild „in Abhängigkeit von den Jahreszeiten, dem Himmel und der Stadt ändert“.

Die monumentale Eingangshalle ist ein großer, leerer Raum, der von oben belichtet wird. Die Halle wird räumlich bestimmt durch die beiden Konzertsäle, deren Volumen sich hier abzeichnen, und durch ein „theatralisches“ Treppenhaus. Dieses bringt die Besucher zu den Sälen und zu einem expressiven Mehrzweckbereich direkt unter den Dachschrägen. Die beiden Säle sind als im Gebäude abgehängte Boxen konzipiert. Der große Saal fasst 951 Zuschauer und erscheint als warmer, goldener Raum im Charme eines klassischen Konzertsaals. Dreieckige Elemente an Wänden und Decken sorgen für eine einwandfreie Akustik. Der Kammermusiksaal ist als Black Box mit einer gebogenen Decke ausgebildet und hat eine Kapazität von 192 Zuschauern.

Die zweischalige Glasfassade hat eine neuartige LED-Beleuchtung und lässt den Kristall in der Dunkelheit als glühende Lichtbox erscheinen.

Fotos: Simon Menges, Radek Kurzaj


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