Auch die Niederlande sind für junge Architekt*innen kein Land mehr, in denen Milch und Honig in rauen Mengen fließen. Schon seit Beginn des neuen Jahrtausends ist die staatliche Unterstützung für Bürogründungen, kulturelle Aktivitäten oder Studienaufträge drastisch reduziert worden. Und das Wettbewerbswesen zeichnet sich vor allem durch starke Zugangsbeschränkungen aus. Wer sich also als Architekt*in etablieren möchte, muss ungewöhnliche Wege gehen und die wenigen Chancen nutzen, die sich bieten.
Auf diesem steinigen Weg ist Marjolein van Eig schon ein gutes Stück vorangekommen. 2014 hat sie sich in Rotterdam selbständig gemacht, die Chance dazu erhielt sie aus einem gewonnenen Mini-Wettbewerb für ein Brückenwärterhäuschen in Haarlem. Der Stadtbaumeister von Haarlem, Architekt Max van Aerschot, hatte die Aufgabe eigens für junge Talente ausgeschrieben. Diesem Auftrag folgten Direktaufträge beispielsweise für eine Aussichts-Stele im Landschaftspark De Hartekamp oder für ein Fahrradparkhaus samt Café in Delft. Nun hat Bureau van Eig diesen kleinen, skulpturalen Gebäuden ein weiteres hinzugefügt: den Neubau eines Pförtnerhäuschens vor der alten Westergasfabriek in Amsterdam.
Die 13 verbliebenen Gebäude der historischen Gasfabrik (Bauzeit um 1885 bis 1900, Architekt Isaac Gosschalk) werden schon seit 2003 als gut besuchtes Kulturzentrum in einer weitläufigen Parklandschaft genutzt. Der Neubau von van Eig steht an einem der zentralen Zugänge zum alten Fabrikgelände, direkt an der kleinen, historischen Zugbrücke zum Haarlemmerweg. Der Entwurf knüpft in ganz eigene Weise an den Backstein-Eklektizismus der historischen Gebäude an. Er nimmt den achteckigen Grundriss der ehemaligen, längst abgebrochenen Pförtnerloge auf, den van Eig als „ideal“ bezeichnet, weil alle notwendigen Sichtverbindungen zwischen Innen- und Außenraum, also zwischen Pförtnern und Besuchern, aufgenommen werden. Desweiteren entsteht so ein kleines „Echo“ des Kopfbaus am Altbau gegenüber.
Konstruktiv entpuppt sich das neue Häuschen als gut gedämmter Holzbau, der über ein Wärmerückgewinnungssystem beheizt wird und Strom allein aus den Photovoltaik-Elementen auf seinem Dach gewinnt. Außen ist die Konstruktion allerdings von kupferfarben eloxierten Aluminiumpaneelen verkleidet, die sich auf die verschiedenen Rot- und Brauntöne der alten Industriearchitektur beziehen. Das sternförmig vorgezogene Dach soll einladend wirken und vor zu viel direkter Sonneneinstrahlung schützen. Die blassgrüne Farbe an der Unterseite und den Fensterrahmen wiederum bezieht van Eig auf den Park ringsum. Und zu guter Letzt trägt das Vordach auch eine unauffällige, ebenfalls blassgrüne Schrift. Aus der Ferne mag sie wie eine ornamentale Verzierung wirken. Aus der Nähe liest man jedoch: „Licht und Energie, lang lebe die Westergasfabriek!“ (fh)
Fotos: Allard van der Hoek, Max Hart Nibbrig
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Mehr zum Neuen Traditionalismus in den Niederlanden steht in der BAUNETZWOCHE#568, die am 3. Dezember 2020 erschienen ist.
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auch ein | 13.01.2021 08:34 Uhrarchitekt
was für eine banale seltsame blechkiste