Sechzehn Jahre lang, von 1882 bis 1898, schufteten norwegische Arbeiter in den Felsen von Allmannajuvet. Es war nur eine kurze historische Phase, als auch die Erze aus den gebirgigen Wäldern in Südnorwegen für eine global sich ausbreitende Schwerindustrie in die Welt exportiert wurden. 12.000 Tonnen Zinkerz sollen Minenarbeiter und Lasttiere mit Schweiß und Blut abgetragen und von Allmannajuvet zum Hafen nach Sauda geschafft haben. Das klingt dunkel. So dunkel, wie Peter Zumthor (Haldenstein) diese sechzehn Jahre wohl interpretiert. Er hat für die mittlerweile wieder überwucherten Minen eine Dokumentationsstätte entworfen, die so authentisch düster ist, dass man meint, das Ächzen der Arbeiter vernehmen zu können. Das Projekt ist Teil der norwegischen Tourismusrouten, die durch besondere architektonische Interventionen wie dem kürzlich fertiggestellten Aussichtspunkt von CODE: architecture bereichert werden.
Drei vereinzelte Gebäude streute Peter Zumthor in die felsige Landschaft. Dazu gehört ein kleines Museum mit einem Ausstellungsraum, ein Café und ein Toilettenhaus. Die Einfachheit und Improvisation originaler Minenhütten hat Zumthor auf die neue Architektur übertragen: Auf Stelzen, mit Wänden aus Jute und Holz, entwickelt er die drei kleinen Bauten, deren Materialität und simpel-offene Konstruktion die Flüchtigkeit der alten Hütten wiedergibt – als müsse man die Verschläge ohnehin bald an einem anderen Minen-Ort aufbauen. Gleichzeitig weist Zumthor noch differenzierter auf die Episode des Zinkabbaus in Allmannajuvet hin, wenn er seine Baumaterialien chemisch behandelt – die Stelzen etwa mit Teeröl imprägniert und die Leinwände mit Acryl fixiert – und damit zugleich zeithistorische Bezüge zur boomenden Chemieindustrie des späten 19. Jahrhunderts deutlich werden.
Das wohl schwierigste Detail dieses Projekts ist dasjenige, das besonders selbstverständlich daherkommt. Um den Parkplatz samt Toilettenhaus an der Hanglage über dem Fluss anzulegen, errichtete Peter Zumthor eine 18 Meter hohe Mauer. Der dafür verwandte Naturstein entspricht farblich den Felsen der Umgebung, musste aber aus einem entfernten Steinbruch herangeschafft werden. Während damals zu Zeiten der Mine noch Pferde und Menschen das Baumaterial transportierten, hat Zumthor also hier – aller Authentizität zum Trotz – auf ganz reguläre, zeitgenössische Beschaffungs- und Transportmöglichkeiten gesetzt. (sj)
Fotos: Per Berntsen
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pannenberg | 01.11.2016 17:08 UhrBaukunst
Meine Vorredner haben schon zu Recht die Qualitäten von Peter Zumthor genannt.
Mich beeindruckt die Qualität der Details ja, bis hin zum Toilettenhaus. Eindrucksvoll der Respekt, mit dem die Architektur dem Ort und dessen Geschichte begegnet. Großartig, die steinerne Treppe! Wahrlich, ein Meisterwerk! Dem Berg, dem Stein, dem Ort, dem Holz die Würde lassen, das ist hohe Baukunst.