Von Diana ArtusHeute ist ein guter Tag für die luxemburgische Alltagsmobilität. Wer das auf dem Kirchberg-Plateau gelegene Europa-, Messe- und Bankenviertel der Stadt Luxemburg erreichen wollte, musste bis vor Kurzem zum Hauptbahnhof fahren und dort in einen Bus steigen. Nun geht das dank zweier Infrastruktur-Großprojekte wesentlich schneller und bequemer: Bereits im Dezember 2017 nahmen der vom Luxemburger Büro
Beiler François Fritsch entworfene Bahnhof Pfaffenthal-Kirchberg mit integriertem Funicular und eine Straßenbahn mit 8 Stationen den Betrieb auf. Am heutigen Freitag kommen drei weitere Haltestellen hinzu. Der neue Streckenabschnitt führt über die „Rote Brücke“, die seit 1965 den Kirchberg mit Luxemburgs Altstadt verbindet, bis zum Stadtzentrum.
Neuer Bahnhof...Der von der Société Nationale des Chemins de Fer Luxembourgeois (CFL) beauftragte Bahnhof Pfaffenthal-Kirchberg liegt direkt unter der „Roten Brücke“ und bildet einen neuen Verkehrsknotenpunkt im Tal der Alzette: Passagiere, die aus Richtung Süden und Norden mit dem Zug kommen, gelangen von hier aus ohne Umweg über die Innenstadt direkt zum Kirchberg.
Beiler François Fritsch haben sich bei ihrem Entwurf für den drei Höhenebenen überwindenden Bahnhof von mittelalterlichen Burgen inspirieren lassen – ganz im Sinne der Tradition Luxemburgs als Festungsstadt. Eine massive Basis mit Treppen und Lift verbindet die das enge Pfaffenthal durchquerende Straße mit den Bahngleisen weiter oben am Hang. Auf diesem Sockel sitzt die Funicular-Station als luftiger verglaster Aufbau. Eine nach allen Seiten auskragendes Leichtdach ruht auf schlanken Stützen, ein längliches Oberlicht bildet eine optische Verlängerung der Seilbahntrasse.
Die Bergstation der Standseilbahn führt das Thema des Säulen-Pavillons weiter. Dazwischen überwindet die 200 Meter lange Trasse 40 Meter Höhenunterschied. Die beiden Bahnen operieren im Pendelverkehr und können bis zu 7.200 Passagiere pro Stunde befördern. Die für alle kostenfreie Fahrt dauert gerade einmal 63 Sekunden. Oben angelangt ist ein direkter Umstieg in die Straßenbahn möglich.
... neue TramDie Züge fahren im 7-Minuten-Takt entlang der Avenue John F. Kennedy – einst Luxemburgs erste Autobahn, heute die zentrale Verkehrsachse des Kirchberg-Plateaus. Europas modernste Tram ist sicher auch seine poppigste: Die eleganten Waggons, deren Türen in fünf verschiedenen Farben leuchten, wurden von Designer
Eric Rhinn in Zusammenarbeit mit dem Künstler
Michel Léonardi und der Lichtdesignerin
Isabelle Corten entworfen. Produziert hat die Fahrzeuge der spanische Hersteller CAF; verantwortlich für Konzeption, Bau und Betrieb des Tramnetzes ist Luxtram, eine Aktiengesellschaft in öffentlicher Hand.
Links und rechts der Tramschienen gibt es zeitgenössische Architektur und Kunst in geballter Form zu sehen: Der Kreisverkehr mit einer Richard-Serra-Skulptur am Luxexpo-Gelände bildet die bisherige Endhaltstelle – gestaltet vom Landschaftsarchitekten
Peter Latz (Kranzberg) als schwungvolle Konstruktion aus Stahl und Glas in Form eines Blattes. Von hier aus passiert die Bahn stadteinwärts unter anderem Bauten von Diener & Diener, Gottfried Böhm, Richard Meier, François Valentiny und Sauerbruch Hutton. Es geht vorbei an der Baustelle der von Bolles+Wilson entworfenen neuen
Nationalbibliothek, über das Sportzentrum Coque von Roger Taillibert und das benachbartem
Pelletsilo von Paul Bretz weiter zum Europäischen Parlament und schließlich zu Christian de Portzamparcs
Philharmonie und dem
MUDAM von I. M. Pei.
Bis 2021 soll die Trasse der Straßenbahn nach Norden bis zum Flughafen und nach Süden bis zum derzeit im Bau befindlichen neuen Wohnviertel
Cloche d'Or erweitert werden. Sie wird dann insgesamt 16 Kilometer lang sein und 24 Haltestellen umfassen. Die Gesamtkosten des Tram-Projekts sind mit 565 Millionen Euro veranschlagt.
Fotos: Andrés Lejona, Diana Artus
Video:
The tram line - A multimodal route from Headroom Design on Vimeo.
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