People’s Pavilion war der Name eines der Festivalzentren der vergangenen Dutch Design Week in Eindhoven. Das besondere an dem Bau der niederländischen Architekturbüros bureau SLA und Overtreders W: Er wurde vollständig aus geliehenen Materialien erbaut.
Die wachsende Eventisierung aller kulturellen Bereiche prägt auch die Design- und Architekturszene: Auf Festivals, Designweeks und Biennalen trifft man sich im physischen Raum, diskutiert und experimentiert, referiert und inszeniert die unterschiedlichsten Themen rund ums Bauen und Gestalten. Nicht nur, dass die meisten Teilnehmer per Flugzeug anreisen, es wird auch jede Menge Material für Ausstellungen, Inszenierungen und kleine Architekturen verbaut. Wird dann auf diesen Events über Nachhaltigkeit gesprochen, kommen manche zurecht ins Zweifeln: Wohin mit dem temporär verbauten Material? Diese Frage stellten sich auch die Architekten von bureau SLA und Overtreders W als sie für die Dutch Design Week in Eindhoven einen Pavillon entwarfen. Er kam nur eine Woche – vom 21. bis 29. Oktober 2017 – zum Einsatz.
Ihr Plan: ein demontierbares und wiederverwendbares Gebäude aus geborgten Materialien. Das hieß: keine Schrauben, Leim, Bohrer und Sägen, damit die Elemente nicht beschädigt werden. Die Materialien kamen nicht nur von traditionellen Lieferanten und Herstellern, sondern auch von Bewohnern der Stadt: Beton und Holzbalken, Beleuchtung, Fassadenelemente, recycelte Plastikverkleidung, sogar das Glasdach des Pavillons gingen nach der Dutch Design Week an die Leihgeber zurück. Auch die auffälligen farbigen Fassadenfliesen, die aus Kunststoffabfällen hergestellt wurden und an die Fassade des Workshop und das Buchcover von Assemble erinnern. Sie gab man den Eindhovenern, die den Abfall gesammelt hatten.
Wer den Umriss des Pavillons aus der Vogelperspektive betrachtet, erkennt die Kreuzform wie einen Marker auf einer Schatzkarte. In der Mitte stand ein Podium aus geliehenen Betonplatten, in den anderen Bereichen waren Sitzmöglichkeiten und eine Bar untergebracht. Während der obere Teil der Fassade durch das farbige Spiel der Kunststoffschuppen die Blicke auf sich zog, erlaubte der vollständig verglaste Bereich im Erdgeschoss Einblicke in das Treiben im Inneren.
Die Glasfassade im Erdgeschoss war ein Überbleibsel aus der Sanierung der BOL.com-Zentrale und wurde nach der Dutch Design Week für neue Büroräume genutzt. Die Basis der Pavillon-Konstruktion bildeten 12 Betonpfeiler und 19 Holzrahmen, entworfen in Zusammenarbeit mit Arup. Die Rahmen bestanden aus Holzbalken, die mit Stahlbändern zusammengehalten wurden. Betonpfähle und -zargen waren mit 350 Spanngurten verbunden und schufen so eine acht Meter hohe Grundstruktur für das 250 Quadratmeter große Gebäude. (as)
Fotograf: Filip Dujardin
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Fred Konkret | 12.04.2018 16:40 UhrNachhaltig
Ich finde die Idee der Wiederverwendung erstmal sehr gut, wie ich auch den schweizer Expopavillon von Peter Zumthor damals prima fand.
Allerdings wäre es ja noch radikaler (wie naheliegend), solche events in bereits bestehenden Räumlichkeiten stattfinden zulassen. Und ob man diese Kunststofffliesen für eine Woche design week unbedingt gebraucht hätte, ist eher fragwürdig. Dann hätte man sie gleich als Einkaufstaschen herstellen sollen. Als Mehrwegtaschen natürlich...