Mit der angekündigten Umgestaltung der Sockelzone des benachbarten Stadtbahnviadukts wird jetzt ein Neubau-Ensemble vollendet, das der Berliner Architekt Benedict Tonon in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs Zoo im Herzen der Berliner City West errichtet hat (siehe BauNetz-Meldung zum Richtfest vom 8. Februar 2007). Das Hotel „Motel One“ und die Parkgarage waren bereits im Sommer 2007 in Betrieb genommen werden, doch erst mit der Aufwertung der Passage zwischen Neubau und Bahntrasse wird ein wesentlicher städtebaulicher Gedanke des Ensembles umgesetzt sein.
Auffälligstes Merkmal des Neubaus ist die wild gemusterte Ziegelfassade, die der Architekt auf vorgefundene Motive der Umgebung und auf Sempers Bekleidungstheorie zurückführt.
Ben Tonon erläutert mit der ihm eigenen Wortmacht: „Mit einem weit ausholenden Schwung erreicht der Fernzug den Bahnhof Zoo. Der Besucher wird überwältigt von widersprüchliche Stimmungen. Sie gehen aus von der Architektur. Das hat seinen Grund, denn nach der deutschen Wiedervereinigung hat die Architektur im Umfeld des Bahnhofs Zoo ihre mitgeführten Bedeutsamkeiten eingebüßt und – nach öffentlicher Meinung – ihren Sinn verloren.
Geblieben sind Bilder vergangener Idealisierungen: das farbige Licht des Beton-Glas-Oktogons und die steinerne Schwere der Ruine der Gedächtniskirche inmitten der Betonskulpturen ihrer Umbauung. Das Ensemble der fünfziger Jahre erzeugte die spirituelle Atmosphäre des Breitscheidplatzes: des Aufbruchs und des Neuanfangs. Geblieben ist das Muster des Kleinmosaiks in den blau-rot-weißen Farben des Union-Jack über dem Eingang des Amerika-Hauses an der Hardenbergstraße, das die verschlüsselte Botschaft der Demokratie in den Stadtraum sendete. Und geblieben ist die architektonische Revue eines Palazzos für das Volk, das Theater des Westens an der Kantstraße, das ein Sich-wieder-Erkennen im Ereignis des Broadway-Musicals verhieß.
Und nun ist da eine neue Architektur in Erwartung eines Sinns, der spätestens dann eintreten soll, wenn der Abriss der räumlichen Fassung des Breitscheidplatzes weiteren Hochhäusern Platz gemacht hat. Sie zeigt sich als das, was sie ist: als ein Gerüst aus Stahl und Glas. Es schwebt über dem Kranzlereck, dem Kaffeehaustreff, dem Ort ehemaliger West-Berliner Selbstverständigung an der Ecke Kurfürstendamm / Joachimstaler Straße. Mit dem Verlust seiner mitgeführten Bedeutsamkeiten fällt das ehemalige West-Berliner Stadtzentrum nun auseinander, zumal das Bauwerk der Stadtbahn die öffentlichen Orte rund um den Bahnhof Zoo sowieso voneinander trennt: das Theater des Westens und das Amerikahaus vom Breitscheidplatz, an dem Hardenberg- und Kantstraße zusammenlaufen.
Die Öffnung des Sockelbaus der Stadtbahn zwischen Savignyplatz und Zoo soll nun die auseinander gefallenen Teile wieder zusammenbringen. Vor den freigelegten transparenten Arkaden des Stadtbahnsockels soll ein begleitender Fußweg verlaufen. Im Zuge dieser Maßnahme entsteht parallel zur Stadtbahn – im ehemaligen Abseits – eine öffentliche Fußgängerpassage. Sie wird begleitet von dem Neubau einer Gewerbezone, eines Hotels und einer Großgarage.
Mit der linearen Abfolge großer Schaufenster der Gewerbezone im Erdgeschoss weitet sich die Passage zu einem Stadtraum von Verweilqualität. Die Ambitionen, dem Ort einen neuen Sinn zu geben, scheitern zur Zeit aber daran, dass die Passage als die Andienungszone eines Einkaufmarktes – er liegt innerhalb des Sockelbaus der Stadtbahn – genutzt wird und sie darüber hinaus als wilde Stellplatzfläche dient. Diesen Nutzungen wurde nun zwar durch eine zeitgesteuerte Poller-Anlage ein Riegel vorgeschoben. Jedoch hat die Deutsche Bahn ihre Versprechungen gegenüber dem Bezirk und der Stadt, das Bahn-Bauwerk auch hier durch Schaufenster zu öffnen und für kleinteilige Gewerbenutzungen frei zu machen, nicht eingelöst. Dies wird aber die Voraussetzung für eine Aufwertung des ehemaligen West-Berliner Stadtzentrums rund um den Bahnhof Zoo bleiben.“
Zum Thema:
Bild 1-4: Werner Huthmacher
Bild 5: Barbara Seyerlein
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
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lucius | 01.09.2008 16:52 Uhr... "intellektuelle Langeweile" ...
... einem "Professor" Tonon müsste für sowas Gebautes und Gesagtes die Professur entzogen werden! Einfach nur peinlich für einen "gestandenen" Architekten ...