Ein Parlamentsgebäude eines indischen Bundesstaates bauen? Das ist eine Aufgabe von wahrhaft corbusianischem Ausmaß. Volkwin Marg und Hubert Nienhoff vom Hamburger Büro von Gerkan Marg und Partner gmp sind jetzt in die Fußstapfen des Über-Meisters getreten: Am 13. März 2010 wurde der von ihnen entworfene „New Legislative Assembly – Secretariat Complex“ als erster Bauabschnitt des neuen Regierungsviertels des indischen Bundesstaates Tamil Nadu in der Stadt Chennai eröffnet. Das Büro hatte in einem internationalen Wettbewerb den ersten Preis gewonnen (siehe BauNetz-Meldung vom 27. Februar 2008).
Das zu zwei Dritteln fertig gestellte Parlamentsgebäude ist Teil des neu entstehenden Regierungsviertels im südindischen Chennai, ehemals Madras, das sich aus insgesamt vier Gebäuden – dem Parlament, einem Verwaltungsgebäude, dem Gästehaus und einer Kongresshalle – zusammensetzt.
Die Architekten erläutern: „Der Entwurf für das Parlamentsgebäude generiert sich aus der ursprünglichsten und sinnfälligsten Geometrie eines der Versammlung dienenden Gebäudes – dem Kreis. Inspiriert vom Motiv der hinduistischen Chakrenlehre wird eine Figur aus fünf Kreisen verschiedener Größe entwickelt, welche in 30 Segmente eines imaginären Kreises eingeschrieben sind.
Als Großform bildet dieses Segment als geometrische Figur die übergeordnete Struktur des Gebäudes. Das architektonische Motiv der Höfe spielt in der traditionellen Architektur Tamil Nadus als Hauptwohnraum, zentraler Erschließungsbereich und auch als Wassersammelbecken eine übergeordnete Rolle. Der Entwurf nimmt dieses Motiv auf und weist den vier in die Gebäudemasse eingelassenen Höfen differenzierte Inhalte zu.
Während der größte Kreis einen öffentlich zugänglichen Platz ausbildet, werden in den drei folgenden Kreisen Zylinder mit Sonderfunktionen wie der Parlamentssaal selbst, eine Bibliothek und Konferenzräume eingestellt.
Über den umlaufenden Luftraum zwischen den geschwungenen Galerien und den Zylindern wird die natürliche Belichtung bis in die unteren Ebenen gewährleistet.
Strahlenförmig angeordnete Stege (Brücken) verbinden die Zylinder in jedem Geschoss mit den Bürobereichen. Der fünfte und kleinste Kreis im Nordosten wird von einem jahrhundertealtem bestehenden mächtigen Baum in der Längsachse des Gebäudes eingenommen.“
Die Fertigstellung des gesamten Regierungsviertels ist für 2014 geplant.
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
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Lumich | 22.03.2010 12:11 Uhr@ Conny
Ich finde auch, dass es schon schlechtere Entwürfe gegeben hat. Warum man aber froh sein kann, dass 500 deutsche Architekten Arbeit haben und dafür indische oder polnische oder australische keine, ist mir nicht einsichtig. Ich würde mal sagen: einem (eher liberal-konservativen) Wirtschaftsmantra aufgesessen - mal global argumentieren, mal national, immer wie es gerade opportun ist und dem eigenen Geldsäckel dient ...