Spätestens seit Herzog & de Meurons Parkhaus in Miami weiß man: Parkhäuser müssen sich heute nicht mehr verstecken – schon gar nicht hinter geschlossenen Fassaden. Auch die Kölner Architekten kister scheithauer gross haben für ihr Parkgaragen-Projekt in Aachen bewusst keine geschlossene Hülle gewählt. Die über 800 Stellplätze im Parkhaus Melaten verschwimmen hinter einer Fassade aus Stahlgittermatten – als „merkwürdig mit unscharfer Tiefe“ beschreiben ksg dieses Erscheinungsbild. Der Parkhausneubau für die Campuserweiterung Melaten nahe des Universitätsklinikums wurde vergangene Woche fertig gestellt.
Die luftdurchlässigen, hochreflektierend beschichteten Stahlgittermatten überziehen den Systembau in zwei Lagen wie eine Membran. Auf den rückwärtigen Gittermatten sind während des Lackierens jeweils zehn Zentimeter breite Linien ausgespart, die das Licht nicht reflektieren. Diese Linien erinnern von weitem an Reifenprofile, in der Gesamtheit ergibt sich daraus ein Muster, das von unten nach oben an Dichte abnimmt. „Je nach Sonnenstand und Standpunkt des Betrachters wirkt diese Lichthaut durchsichtig, unscharf oder geschlossen“, erläutert Architekt Johannes Kister. „Es erinnert an die Bewegungsunschärfe, mit der man die Umgebung je nach Blickwinkel aus dem fahrenden Auto wahrnimmt.“
Der kostengünstig entworfene Systembau punktet aber nicht durch seine ungewöhnliche Hülle. Das 21.000 Quadratmeter große Parkhaus mit seinen 15 Split-Leveln ist im Inneren typologisch von einer sich spiralförmig nach oben schraubenden Erschließungsstraße geprägt. Die innere Orientierung wird durch ein System aus kräftigen Signalfarben geordnet. Dafür wurde jeder der fünfzehn Ebenen ein eigener Farbton aus dem RAL-Spektrum zugewiesen und sowohl die einzelnen Parkplätze durch große Farbfelder am Boden als auch die Etagenbezeichnungen an den Wänden und die Türen in den Sichtbetontreppenhäuser entsprechend farbig angelegt.
„Vor allem nachts, wenn auch die farbigen Lichter im Straßenverkehr eine besondere Bedeutung bekommen, reflektieren die farbigen Parkfelder das Kunstlicht in ihrer jeweiligen Farbe an die weißen Decken”, so Oberbauleiter Gabriel Mörsch. „Die Fassade, die bei Tag fast massiv wirkt, erscheint nachts gänzlich transparent, und die einzelnen Elemente der Konstruktion des Gebäudes aus Decken und Stützen werden sichtbar.“
Das Parkhaus ist einer der ersten Bausteine der Campuserweiterung Melaten. Kister Scheithauer Gross realisieren im Zuge dessen auch das Laborgebäude NGP², das bis Ende nächsten Jahres direkt neben dem Parkhaus entsteht.
Fotos: Yohan Zerdoun
Zum Thema:
Rennstrecke, Labyrinth und Wenderampe – Parkhäuser duften nach Benzin und Abenteuer. Ein Streifzug durch die Architekturgeschichte der Großstadtgarage in der Baunetzwoche#239 „Parkhäuser“
Baunetz Wissen Fassade: Parkhaus Eskenazi HealthHospital in Indianapolis
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LU HAM | 05.12.2014 00:15 UhrFOG
Den effekt hat frank o. gehry an seinem shopping mall parkhaus in santa monica schon in den achtziger jahren mit erfolg eingesetz