Gletscher oder Krake? Wahrscheinlich dürfte der Volksmund beim neuen Opernhaus der nordostchinesischen Stadt Harbin noch unentschieden sein. Das Gebäude von MAD Architects (Peking) macht es einem aber auch nicht einfach. In der Draufsicht ganz klar ein Tiefseebewohner, lässt der tatsächliche Raumeindruck eher an eisige Berglandschaften denken. Dieser Eindruck passt immerhin zur Stadt: Harbin liegt in einer der kältesten Regionen Chinas.
Den Wettbewerb für das neue Opernhaus hatten MAD bereits 2010 gewonnen. Malerisch in der Auenlandschaft des Songhua-Flusses gelegen, ist das Gebäude der Mittelpunkt der gerade entstehenden Kulturinsel von Harbin. Über 1.600 Besucher haben im großen Saal der Oper Platz, immer noch 400 Gäste passen in das kleine Theater. Auch MAD neigen übrigens eher zum Gletscher-Vergleich. Die kurvigen Volumen sollen wirken, als ob sie von Wasser und Wind geformt wären. Das Resultat ist weniger ein herkömmliches Gebäude denn eine weit ausgreifende Landschaft.
Die Kehrseite dieser landschaftlichen Qualitäten ist die Lage des Gebäudes weit außerhalb Stadt. MAD machen daraus das Beste, indem sie einen Besuch in ihrer Oper als komplexe räumliche Choreografie konzipieren. Diese beginnt bei der Überquerung der Zufahrtsbrücke, führt über die geschwungene Lobby und endet in einem der beiden Säle, die ebenfalls über eine recht bewegte Geometrie verfügen.
Möglich wurde die Formensprache des Projekts übrigens durch die Beteiligung des Unternehmens eines alten Bekannten: Frank Gehry, der mit Gehry Technologies inzwischen auch dann etwas zu sagen hat, wenn seine Architektur gerade nicht erwünscht ist. (sb)
Fotos: Hufton + Crow, Adam Mørk
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Mehr über die Architektur von MAD von Ma Yansong persönlich in der Interviewreihe „ARCHlab“ – einer Kooperation zwischen BauNetz.de, dem Deutschen Architekturmuseum, dem Goethe Institut und Prounen Film. Unterstützt von Gira.
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