Der nordöstliche Rand des 19. Arrondissements von Paris ist eine städtische Problemzone. In den späten 1980er-Jahren wurde hier noch als Paradeprojekt der Stadtentwicklung der Parc de la Villette (1987-91) nach den Entwürfen von Bernard Tschumi angelegt, aber seitdem ist offenbar nicht mehr viel passiert. Nun wird die Gegend bis 2012 nach einem Masterplan von Reichen & Robert Architekten aufgewertet.
Im Rahmen dieser Entwicklungen wird zum Beispiel eine Tramlinie entlang der Route des Petits Ponts in das Gebiet östlich des Boulevard Périphérique verlängert werden. An dieser Straße – und genau gegenüber des Stade de Ladoumège – soll auf einem 11 Meter breiten und etwa 200 Meter langen Grundstück ein Gebäude mit Studentenwohnungen entstehen, dessen Architektenwettbewerb soeben von den slowenischen Ofis Arhitekti gewonnen wurden (die sich in der letzten Zeit angesichts einer wahren Schwemme von realisierten Projekten und gewonnenen Wettbewerben ja als „Global Player“ der Architektur etablieren).
Der Entwurf umfasst zwei rechteckige Baublöcke, jeweils 11 Meter breit und 29 Meter hoch, dabei 30 bzw. 65 Meter lang. Zwischen den beiden Gebäuden liegt ein kleiner öffentlicher Garten, im ersten und zweiten Stock sind die Gebäude mit einer durchlaufenden Galerie verbunden.
„Die Fassaden“, so erläutern die Architekten ihren Entwurf, „werden aufgrund der Länge des Projektes einen großen Einfluss auf die direkte Umgebung haben. Die westliche Fassade blickt über das Sportfeld hinweg und wird von der Laubengangerschließung geprägt, deren Gänge mit horizontalen Latten aus Bambus gegen die Sonne und den Lärm des kleinen Stadions geschützt werden. Die östliche Fassade wird hingegen von den ebenfalls mit Bambus verkleideten Loggien geprägt. Um die Ansicht und den Rhythmus der Fassade aufzulockern, wurden diese wie zufällig ausgerichtet. Dieses Arrangement schafft eine dynamische Oberfläche und verkleinert den Maßstab des Gebäudes.“
Der Entwurf mag mit dem vor den Stahlbetonbau gelegten System von Loggien hinter einer gefalteten Bambusfassade vage an die beiden zuletzt realisierten Wohnungsbauprojekte in Nova Gorica (siehe BauNetz-Meldung vom 23. September 2008) und in Ljubljana (siehe BauNetz-Meldung vom 18. Oktober 2007) erinnern – er fügt sich aber vor allem effizient, geschickt und kostengünstig in die städtebauliche Situation ein. Denn das Gebäude steht an einer Straße, die ziemlich genau in Nord-Süd-Richtung verläuft. Nach Westen geht der Blick über das Stadion bis zum Canal de l'Ourcq, im Osten liegt die Route des Petits Ponts und eine Haltestelle der neuen Tramlinie. der Entwurf reagiert mithin auf diese beiden Pole und verwendet gleichzeitig umweltschonende Materialien.
Hinter der gefalteten Vorhangfassade liegt ein kompakter Baukörper, der insgesamt 192 Apartments für Studenten bietet, somit 12 mehr als die Ausschreibung gefordert hatte. Im Erdgeschoss und im 1. Obergeschoss werden gemeinschaftliche Einrichtungen wie Lobby und Cafeteria angeboten sowie 23 „Studio“-Wohnungen mit einem behindertengerechten Erdgeschosszugang.