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21.09.2021
Volksentscheid in Berlin
Offener Brief aus der Planer*innenszene
Am 26. September stimmen die Berliner*innen nicht nur für den neuen Bundestag, das Berliner Abgeordnetenhaus und die Bezirksverordnetenversammlung ab, sondern auch über einen Volksentscheid zur Wohnungsfrage. Genauer geht es um einen „Beschluss zur Erarbeitung eines Gesetzentwurfs durch den Senat zur Vergesellschaftung der Wohnungsbestände großer Wohnungsunternehmen“, wie es auf der Seite der Landeswahlleiterin für Berlin heißt. Sollte dieser Volksentscheid, für den die Kampagne „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ mehr als 350.000 Unterschriften gesammelt hatte, erfolgreich sein, würde der Berliner Senat aufgefordert werden, alle Maßnahmen einzuleiten, die zur Überführung von Immobilien in Gemeineigentum erforderlich sind.
Gemeint ist damit die „Vergesellschaftung der Bestände aller privatwirtschaftlichen Wohnungsunternehmen mit über 3.000 Wohnungen im Land Berlin. Ausgenommen sind Unternehmen in öffentlichem Eigentum, kommunale Wohnungsbaugesellschaften in privater Rechtsform und Bestände in kollektivem Besitz der Mieter*innenschaft“. Gefordert wird überdies die Verwaltung der Wohnungsbestände durch eine Anstalt des öffentlichen Rechts unter Beteiligung von Belegschaft, Mieter*innen und Stadtgesellschaft, ein Verbot der Reprivatisierung und Entschädigungszahlungen deutlich unter Verkehrswert an die betroffenen Wohnungsunternehmen.
Gegen die vielen kritischen Stimmen, die dem Volksentscheid jeglichen Erfolg absprechen wollen, hat die Initiative „Planer:innen für dwe“ nun einen offenen Brief lanciert. Dahinter steckt eine Gruppe von elf in Berlin lebenden Planer*innen, Studierenden und Lehrenden. Mit dem Brief sammeln sie Unterschriften für die Kampagne von Deutsche Wohnen & Co enteignen und rufen zur Diskussion um die Wohnungsfrage auf. In dem Schreiben heißt es unter anderem: „Die privaten, börsennotierten Immobiliengesellschaften sind nicht an innovativer und sozial nachhaltiger Architektur interessiert. Vielmehr ersticken sie die Ideenvielfalt und behindern das Potential für Experimente und Diversität in der gelebten, gestalteten Umwelt. (...) Das Wohnen in dieser Stadt bezahlbar zu halten, geht uns alle an. (...) Um dies zu erreichen, müssen wir Planer:innen als kollektive Kraft agieren und nicht als ein Feld separater Aktionen.“
Interessant dabei ist, dass etwa die Hälfte der Initiator*innen des Briefes selbst nicht abstimmungsberechtigt ist. Sie kommen aus Kanada, Kroatien und Griechenland, leben seit mehreren Jahren in der Stadt und wollen dies auch künftig noch tun können. Für Berlin drohe eine Situation wie in London oder San Francisco, wo sich viele Architekt*innen, Stadtplaner*innen und andere urbane Praktiker*innen keine Wohnungen mehr leisten können, meint Zoë Ritts, eine der Initianten. Unterschrieben haben inzwischen 250 Personen aus der Planer*innen-, Hochschul- und Kurator*innenszene, darunter die in Harvard lehrende Charlotte Malterre-Barthes, Kristin Feireiss nebst Hans-Jürgen Commerell von Aedes und Pritzkerpreisträger Jean Philippe Vassal. Auch wenn kommenden Sonntag nur Berliner*innen abstimmen können, will die Initiative über den Volksentscheid hinaus alle aufrufen, Teil der Diskussion zu werden und Stellung zu beziehen. (fm)
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80 Prozent der Berlinerinnen und Berliner wohnen zur Miete. Werden sie sich die Stadt künftig noch leisten können?