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10.01.2023

Inklusion versus Bestand

O+M Architekten gewinnen Wettbewerb um Jahnsportpark in Berlin


Die Interessen verschiedener Akteur*innen sind bekanntlich nicht einfach unter einen Hut zu bringen. Im Falle des Jahnsportparks stehen auf der einen Seite der Erhalt des DDR-Architekturerbes, die Klimagerechtigkeit und die Nutzung eines für die Gemeinschaft bedeutenden Freiraums. Demgegenüber stehen jedoch nicht wie so häufig Profitinteresse oder Rekonstruktionsbedürfnisse, sondern das Thema Inklusion. Seit gut acht Jahren möchte das Land Berlin den Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark gleich neben der Max-Schmeling-Halle und dem ebenfalls lang umstrittenen Mauerpark im Stadtteil Pankow in eine inklusive Sportanlage transformieren.

Ende vergangenen Jahres wurde das Ergebnis eines europaweiten, zweistufigen Wettbewerbs bekanntgegeben, den die Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen gemeinsam mit der Abteilung für Inneres, Digitales und Sport als Eigentümerin des Geländes sowie dem Bezirk Pankow ausgelobt hatte. Aus insgesamt 24 Planungsteams wurden 15 für die zweite Runde ausgewählt. In der Jury unter Vorsitz von Architekt Uwe Schröder (Bonn) saßen unter anderem Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt sowie mit Architekt Philipp Dittrich auch ein Vertreter der kritischen Bürgerinitiative Jahnsportpark. Sie kürten den Entwurf von O+M Architekten zusammen mit LOR Landschaftsarchitekten (beide Dresden). Beteiligt waren außerdem die Tragwerksplaner*innen von Assmann Beraten + Planen (Dortmund) und DBS Ingenieure (Mühlheim an der Ruhr) für die Technische Gebäudeausrüstung – beide Fachdisziplinen waren explizit einzubinden. Alle Preise im Überblick:

  • 1. Preis: O+M Architekten mit LOR Landschaftsarchitekten (beide Dresden)

  • 2. Preis: Topotek 1 (Zürich, Berlin)

  • 3. Preis: Atelier . Schmelzer . Weber Architekten mit RSP Freiraum (beide Dresden)

  • Anerkennung: Hupe Flatau Partner (Hamburg) mit Landschaftsarchitektur Rainer Ernst (Frankfurt am Main) und POLA Landschaftsarchitekten (Berlin)

  • Anerkennung: Albert Wimmer (Wien) mit Querfeldeins Landschaft Städtebau Architektur (Dresden)

Bauhausabsolvent Rudolf Ortner hatte den vormaligen Exerzierplatz ab 1951 zu einem städtischen Sportpark umgebaut, dessen Teil auch das nach Friedrich Ludwig Jahn benannte Erdstadion war. 1987 kam die Haupttribüne mit ihrer prägenden roten Fassade hinzu – laut Senatsverwaltung ein tschechischer Typenbau. Einstmals Heimspielstätte des ostdeutschen Fußball-Serienmeisters BFC Dynamo ist der Jahnsportpark heute vor allem ein Ort für den Breiten- und Freizeitsport.

Ob der wiederkehrenden Kritik am geplanten Abriss des Stadions veranstaltete das Planungsgremium der SPD-geführten Senatsverwaltungen 2021 ein Werkstattverfahren, in dem sowohl Ersatzneubau als auch Erhalt überprüft werden sollten. Das Ergebnis – nach Vorbild des Entwurfs von Yellow Z (Berlin) – wurde zur Grundlage der Aufgabenstellung im Wettbewerb. Zwar sollten nun „identitätsstiftende Merkmale“ wie die Haupttribüne berücksichtigt werden, ein kompletter Erhalt hätte dem Vernehmen nach aber einer allumfassenden Barrierefreiheit entgegengestanden.

Der Enwturf von O+M erhebt die Inklusion gar zum Gestaltungsmotiv und schlägt große, schwebende Rampen an den Außenseiten des Stadions vor. So sollen Rollstuhlplätze in allen Segmenten der Tribüne erreichbar sein. Unterhalb einer umlaufend auskragenden Terrasse sollen Fassadenbegrünungen angebracht werden. Auffälligstes Merkmal ist der mit rotem Glas versehene „Skywalk“ in der obersten Ebene, dessen kräftige Farbe an die ehemalige Tribüne erinnern und gleichzeitig dem Schallschutz der umliegenden Wohngebäude Rechnung tragen soll. Überdies sind Erhalt und Neupositionierung von zwei der vier Flutlichtmasten geplant.

Anspruchsvoll gestaltete sich die Unterbringung des umfangreichen Nutzungsprogramms im Bereich des östlich gelegenen Sportparks. Neben den möglichst zu erhaltenden Bestandsanlagen galt es, dem rund 17 Hektar großen Gebiet circa 54.000 Quadratmeter Nutzfläche hinzuzufügen. Unter anderem sollen eine Reihe neuer Sportstätten sowie ein inklusives Begegnungszentrum mit Vereinsräumen und Gastronomie entstehen, das der siegreiche Entwurf am Schnittpunkt zweier orthogonaler Erschließungsachsen auf einem zentralen Platz vorsieht. Den Architekt*innen gelang es dabei, sowohl die meisten der bestehenden Bäume als auch einen Teil der Freizeitwiese – deren Bedeutung für die Nachbarschaft besonders herausgehoben wurde – zu erhalten. Hauptargument für die Entscheidung war laut Jury aber die integrative Planung der Inklusion – trotz der laut Protokoll nicht umsetzbaren Konstruktion der Rampen – und die „Strahlkraft“ der roten Glasfassade „als Reminiszenz an die Vergangenheit“.

Indes kritisierte die Bürgerinitiative Jahnsportpark das übermäßige Raumprogramm, eine unbefriedigende Nutzer*innenbeteiligung sowie die hohen Kosten. Schätzungsweise 97 Millionen Euro sollen für den Abriss einer 20.000 Sitzplätze fassenden Arena und den Neubau einer ebenso großen Sportstätte bemüht werden. Während der Bau des neuen Stadions 2024 beginnen und planmäßig 2026 abgeschlossen sein soll, wird die Umsetzung des nochmal rund 113 Millionen Euro teuren Sportparks voraussichtlich zur Sachlage der nächsten Legislaturperiode. (mh)


Zum Thema:

Weitere Informationen zum Wettbewerb sind auf der Website der Senatsverwaltung zu finden. Mehr zu den Forderungen der Bürgerinitiative Jahnsportpark auf jahnsportpark.de. Eine Ausstellung des Wettbewerbsergebnisses ist für Anfang Februar vorgesehen.


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1.Preis: O+M Architekten mit LOR Landschaftsarchitekten (beide Dresden)

1.Preis: O+M Architekten mit LOR Landschaftsarchitekten (beide Dresden)

2. Preis: Topotek 1 (Zürich, Berlin)

2. Preis: Topotek 1 (Zürich, Berlin)

3. Preis: Atelier . Schmelzer . Weber Architekten mit RSP Freiraum (beide Dresden)

3. Preis: Atelier . Schmelzer . Weber Architekten mit RSP Freiraum (beide Dresden)

Anerkennung: Hupe Flatau Partner (Hamburg) mit Landschaftsarchitektur Rainer Ernst (Frankfurt am Main) und POLA Landschaftsarchitekten (Berlin)

Anerkennung: Hupe Flatau Partner (Hamburg) mit Landschaftsarchitektur Rainer Ernst (Frankfurt am Main) und POLA Landschaftsarchitekten (Berlin)

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