Zerstört die Denkmalpflege unserer Städte? Manch ein Besucher der Ausstellung Cronocaos mag diese Frage bejaht haben. Die von Rem Koolhaas und Shohei Shigematsu, dem Leiter des OMA-Büros in New York, kuratierte Show war 2010 erstmalig auf der Biennale in Venedig zu sehen und wurde dann vom New Museum in New York präsentiert – in genau jenem Gebäude, das nun für dessen Erweiterung abgerissen werden soll. In Cronocaos beschrieb Koolhaas das Bild einer allzu wohlmeinenden Denkmalpflege, die in ihrem Eifer, das architektonische Erbe der Welt zu schützen, am Ende doch bloß eine Kulisse für die Konsumenten schaffe. Koolhaas plädierte hingegen für einen Ansatz, der die alte Substanz radikal auf ihr Potenzial für die Gegenwart überprüft.
Der gerade erworbene Nachbar des New Museum wurde in diesem Sinne zum Demonstrationsobjekt, damals im Rahmen der Ausstellung und seither in der Nutzung als Kultur-Inkubator „New Inc“. In den nun veröffentlichten Plänen des New Museum für die Erweiterung fehlt allerdings das alte Gebäude. Stattdessen haben OMA einen eher schicken Neubau entworfen, der in Kooperation mit dem New Yorker Büro Cooper Robertson bis 2022 fertiggestellt werden soll.
Die siebenstöckige, 60.000 Quadratmeter große Erweiterung wird die Ausstellungsfläche des 2007 eröffneten New Museums verdoppeln. Das von SANAA entworfene Bestandsgebäude wird auf den Ebenen zwei bis vier mit den Galerien im Neubau verbunden werden, wobei die Deckenhöhen auf jeder Etage angepasst wird. Zusätzliche Aufzüge und eine Atriumtreppe sollen die vertikale Zirkulation verbessern. Ihre Anordnung an der Straßenfassade bietet den künftigen Besuchern eine Aussicht auf Bowery und Prince Street.
An öffentlichen Bereichen sind unter anderem eine erweiterte Museumslobby, die sich über die beiden Gebäude erstreckt, ein kleines Forum-Auditorium, eine größere Buchhandlung und ein Restaurant mit 80 Plätzen vorgesehen. Neben zusätzlichen Räumen für Bildungsprogramme wird auch für Museumsinitiativen Platz geschaffen: So bekommt New Inc ein eigenes Stockwerk mit einem Mixed-Reality-Labor zugewiesen, ebenso erhalten weiteren New-Museum-Initiativen wie „IdeasCity“ und „Rhizome“ eigene Büroräume.
Selbst in der schon lange von Gentrifizierungsdebatten begleiteten Transformation der Bowery, die einst als günstige Gegend für Künstler galt und die nicht zuletzt auch mit dem Umzug des New Museum deutlich aufgewertet wurde, repräsentiert der geplante Neubau ein neues Niveau. War mit der vorläufigen Erweiterung noch ein gewisser Kontextbezug erkennbar, wird das Bestehende nun sauber ersetzt – wie an so vielen anderen Stellen in New York. Der ursprüngliche Plan des Erhalts des Gebäudes wäre im Kontext der Bedürfnisse des Museums langfristig nicht aufgegangen, heißt es aus der Umgebung der Architekten und des Museums. Das ist vermutlich richtig, mit Blick auf den Kontext aber trotzdem schade.
Lisa Phillips, die Direktorin des Museums seit 1999, ist allerdings bemüht, alle Bedenken bezüglich des Neubaus zu zerstreuen: „Wir freuen uns, den neuen Gebäudeentwurf von OMA zu präsentieren, der vom New Museum aufgrund seiner Lösung für unsere Aufgaben und seiner durchdachten Konzeption in Bezug auf Stadtplanung, Stadterhalt, Sensibilität für den Kontext und die Zukunft ausgewählt wurde.“ (eb)
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morpheus | 28.06.2019 16:53 Uhrsehr schade
Das wunderbare Gebäude von SANAA wirkt vor allem so toll, weil es im alten Kontext steht.
Einfach ein anderes Feuerwerk nebendran zu veranstalten, schwächt doch die Einzigartigkeit des aktuellen New Museum!
Ich würde davon abraten!