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18.09.2017
Knast wird Stadt
OMA bauen in Amsterdam
Die Amsterdamer Wohnsiedlung Bijlmermeer – eines dieser gigantischen Wohnbauprojekte aus den Sechzigerjahren – kennt man nicht zuletzt auf Grund des gelungenen Sanierungsprojekts von NL Architects und XVW Architectuur, das im letzten Jahr abgeschlossen wurde. Weniger bekannt ist der Gefängniskomplex Bijlmerbajes, der zeitgleich ebenfalls im Südosten Amsterdams entstand und einen vergleichbar streng seriellen Duktus aufweist wie die Großwohnsiedlung. Ein menschlicherer Strafvollzug war damals das Ziel, sechs 14-geschossige Hochhäuser in Großtafelbauweise das Mittel der Wahl. Bijlmerbajes – bajes ist das niederländische Wort für Knast – gehört damit zu den raren Beispielen der Typologie Hochhausgefängnis.
Im letzten Jahr wurde die Anlage geschlossen, nun haben OMA (Rotterdam) bekannt gegeben, dass sie den Wettbewerb für den Masterplan des Geländes und einiger angrenzender Gebiete gewonnen haben. Die Rotterdamer werden dabei auch einen „signifikanten Anteil“ der Bauten realisieren. 7,5 Hektar galt es insgesamt zu überplanen, wobei der städtebaulichen Anbindung des ehemals hermetisch geschlossenen Areals besondere Aufmerksamkeit zukam. Die sechs Hochhäuser mit den Zellentrakten werden dabei zwar abgerissen, aber der verdichtete Charakter des Grundstücks zwischen Schienenstrang und kompakter Zeilenbebauung bleibt dank neuer Hochhäuser zumindest erahnbar. Konkret saniert und weitergenutzt wird außerdem auch der zentrale Versorgungsbau. Entwickler des Projekts ist AM Real Estate, die sich neben OMA unter anderem für FABRICations architects (Amsterdam) und die Landschaftsarchitekten LOLA (Rotterdam) entschieden.
Gemeinsam soll das Gebiet zum Bajes Kwartier entwickelt werden. Über den üblichen, sicherlich auch hier zu erwartenden Nutzungsmix aus Wohnen, Arbeiten, Einkaufen und Erholung wurde im Detail noch nichts bekanntgegeben. Nur auf eines weisen OMA bereits hin: Großtafeln, Fenstergitter und Zellentüren des Bestandes sollen zum Teil wiederverwendet werden, was nach einer etwas eigenwilligen Identifikation mit den negativ konnotierten materiellen Hinterlassenschaften eines Gefängnisses klingt. Man darf gespannt sein, ob die Integration dieser architektonischen Elemente der Separation in einem flotten Neubauquartier gelingt oder am Schluss vor allem zynisch wirkt.
Bereits im nächsten Jahr sollen die Arbeiten beginnen. Bis dahin kann man noch das temporäre Museum Tijdelijk Museum besuchen, das bis Ende des Jahres einige Räume des ehemaligen Gefängnisses bespielt und die programmatische Auseinandersetzung mit den Geflüchteten sucht, die momentan in den ehemaligen Zellentürmen leben. (gh)
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