Zumindest beweist der britische Metropolitan Police Service unschlagbares Gefühl für Timing: Pünktlich zum Antrag Großbritanniens auf den Austritt aus der Europäischen Union bezieht die britische Polizeibehörde ihr neues Domizil am Victoria Embankment in London, und damit einen konvertierten Anbau desjenigen Gebäudes, das ihr bis 1967 – also kurz vor dem Beitritt in 1972 – zum Hauptquartier diente.
Für das neue New Scotland Yard lobte das MPS einen Wettbewerb aus, den die Londoner Architekten und Stirling-Preisträger 2015 Allford Hall Monaghan Morris gewannen. Sie sollten das leerstehende Curtis Green Building aus den Dreißigerjahren fit für das 21. Jahrhundert machen. Die Behutsamkeit, mit der die Architekten die Modernisierung realisierten, reflektiert dabei durchaus das Selbstverständnis der Behörde, die das Metonym Scotland Yard ihrem ersten Standort verdankt.
Durch sich deutlich vom Bestand abhebende Aufbauten vor und hinter sowie auf dem Dach des Gebäudes konnte die Bruttogrundfläche von ursprünglichen 8.700 auf die benötigten 12.000 Quadratmeter für Büros erweitert werden. Diese gestalten sich jedoch besonders an der Frontfassade eher zurückhaltend: Ablesbare Additionen sind hier lediglich ein Staffelgeschoss, dessen umlaufende Veranda mit einer das Material des Altbaus kopierenden Brüstung abschließt, und der gläserne, geschwungene Windfang mit emblematisch auskragendem Dach. Ansonsten präsentiert sich der neue Sitz zur Themse hin recht traditionsbewusst, und auch das obligatorische Drehschild findet hier wieder seinen Platz.
Erst die rückseitige Fassade offenbart, dass Scotland Yard mit dem Umzug den Anschluss an kommende Zeiten angehen will: Eine Lamellenfassade bricht dank Materialwechsel und Vertikalität raumgreifend und selbstbewusst mit der Bestandsbebauung. Zumindest auf den ersten Blick: Die wie Gitterstäbe – vielleicht bei der Polizeizentrale von Greater London keine allzu weithergeholte Assoziation – vor den Fenstern verlaufenden Fassadenelemente zitieren farblich die Nachbarbauwerke, die allesamt unter Denkmalschutz ersten und zweiten Grades stehen. Somit verankern AHMM den gesamten Bau doch wieder fest in der Vergangenheit, von wo aus der Blick in die erfolgreiche Zukunft startet. Der optimistische Blick nach vorn macht die Inszenierung der im neuen Eingang brennenden Eternal Flame mehr als deutlich. (kms)
Fotos: Timothy Soar, Rob Parrish, AHHM
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