Der Biennalepräsident Paolo Baratta hat nicht nur einst den venezianischen Ausstellungsdampfer vor dem Untergang gerettet, sondern die Organisation längst auch in eine perfekt funktionierende Maschine verwandelt. Dazu gehört nicht zuletzt die ausgezeichnete Pressearbeit im Vorfeld, die – Kunst und Architektur zusammengenommen – in einer alljährlichen Pressekonferenz-Welttournee kulminiert. Nicht nur in der Heimatstadt wendet man sich nämlich ans Publikum, sondern auch in Paris, London und New York.
Heute gastierte der Tross in der italienischen Botschaft in Berlin, obwohl wichtige Details zum Biennaleprogramm längst in den Medien sind und diskutiert werden. Insbesondere der Teilnehmerkader der beiden Kuratorinnen Yvonne Farrell und Shelley McNamara wurde seither kritisch kommentiert, mutet dieser doch gerade angesichts ihres progressiven Mottos „Freespace“ etwas altbacken an. Unter den eingeladenen 71 Büros und Architekten sind nämlich mehrheitlich große Namen aus Europa und Nordamerika, wobei mit Sauerbruch Hutton und Anna Heringer gerade mal zwei aus Deutschland kommen.
Etwas spannender wird es dafür an anderer Stelle, denn die Sektion „Close Encounters“ widmen die Kuratorinnen historischen Projekten wie Eileen Grays E-1027 oder Gordon Bunshafts Beinecke Library. Es fügt sich darum perfekt, dass außerdem im Rahmen der traditionellen Kooperation der Biennale mit dem Londoner Victoria & Albert Museum in diesem Jahr ein tonnenschweres Stück der Robin Hood Gardens nach Venedig kommen wird. Das berühmte Housing Estate der Smithsons wurde bekanntlich gerade abgerissen und das Museum war schlau genug, sich nicht nur ein Teil der Fassade, sondern eine komplette dreigeschossige Maisonette-Einheit zu sichern.
Zu diesem widersprüchlichen Vorgang zwischen Ehrung und Zerstörung passt, dass auch der nun konkretisierte offizielle britische Biennale-Beitrag „Island“ angesichts des politischen Klimas sehr selbstreflexiv daherkommt. Es geht um Fragen der Isolation und Unsicherheit, doch das zentrale Element des Vorhabens ist ein öffentlicher Raum, den die Kuratoren Adam Caruso, Peter St John und Marcus Taylor auf dem Dach des Pavillons errichten wollen. Moment, gab es das nicht schon mal? Richtig, der Deutsche Pavillon unter Grüntuch Ernst hatte 2006 einen ähnlichen Ansatz.
Dem Inselgedanken, den die Briten auch mittels eines dichten Veranstaltungsprogramms befragen wollen, setzen wiederum die drei kontinentalen Pavillons von Spanien, Belgien und den Niederlanden eine dezidiert kollaborative Haltung entgegen. Gemeinsam hatten die Kuratorenteams der drei Länder einen Wettbewerb für eine Intervention im Außenraum ausgerufen und das Brüsseler Büro Central konnte sich mit einer schlauen Idee durchsetzen: Die drei nationalen Schriftzüge an den Pavillons ersetzen sie durch sechs große Buchstaben: EU – RO – PA. (sb)
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