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12.10.2017

Durchsicht, Einsicht, Nachsicht

Neue Webseite zum Vogelschutz


Glas ist schön. Seit Bruno Tauts Glashaus auf der Werkbundausstellung 1914 neue Maßstäbe für die Möglichkeiten dieses Baustoffes setzte, ist die großzügige Verwendung als Fassadenmaterial zur Normalität geworden. Nachdem vor mehr als hundert Jahren Farbe und Transluzenz die Raumwirkung bestimmten, ging der Trend später zur Transparenz, für die das Material auch im übertragenen Sinne stehen sollte und bis heute vielfach stehen soll. Mit der Illusion der Durchlässigkeit zu spielen, ist metaphorisch reizvoll, birgt jedoch in ihrer Verkörperung reelle Gefahren. Zumindest für kleinere Lebenwesen.

Dass der Vogelschutz bei Architekten noch immer zu wenig Beachtung findet, ist aus mehreren Gründen bedauerlich. Ohne wehleidige Lieder im Stile von „Karl der Käfer“ anzustimmen, kann man sich vorstellen, dass die Freude der Nutzer an Architekturen wie dem Besucherzentrum im Park Vijversburg durch die zu erwartenden Vogelleichen getrübt werden dürfte. Auch die Erweiterung der Rotunde im Schadaupark Thun vergisst bei ihrer Inszenierung der scheinbaren Grenzenlosigkeit zwischen außen und innen, dass das Sein hinter dem Schein für die Vögel im Park unsichtbar ist.

Nachträglich angebrachte Greifvogelsilhouetten sehen nicht nur unschön aus, sie nützen leider auch wenig, wie die neu konzipierte Webseite Vogelglas.Vogelwarte aufklärt. Herausgeber sind die Wiener Umweltanwaltschaft und die Schweizerische Vogelwarte, deren Besuchszentrum in Sempach von :mlzd selbst Maßstäbe im Vogelschutz setzt. Auf der Seite gibt es Kontaktdaten von Experten aus der Schweiz, Deutschland, Österreich und Luxemburg, die auch fachliche Beratung für Planer anbieten, und zahlreiche Informationen. Es lohnt sich, diese für den Entwurfsalltag zu verinnerlichen.

Zum Beispiel hinsichtlich energetisch sinnvoller Elemente wie dem außenliegenden Sonnenschutz, der mittlerweile häufig nicht mehr als Einschränkung, sondern als Chance für einen einzigartigen architektonischen Ausdruck wahrgenommen wird. Wenn dort kreative Ornamentik zur Anwendung kommt, sollte der Vogelflugaspekt nicht vergessen werden. Denn oft bewirkt eine einfache, vielleicht minimale Anpassung des Entwurfes Wunder.

Mit seinen farbigen Scheiben dürfte Tauts Glashaus ein Musterbeispiel für vogelverträgliches Bauen gewesen sein. Dekorationen direkt in oder auf der Scheibe müssen nicht geschmacklos sein, wie die Erweiterung des Museums Rietberg oder das Estnische Nationalmuseum beweisen. Bei letzterem Beispiel kommt übrigens noch ein weiteres Thema zum Tragen: Licht. Dass auch die Lichtverschmutzung ein wachsendes Problem für die heimische Fauna darstellt und was Architekten dagegen tun können, ist ebenfalls auf der Seite der Vogelwarte zu finden. Einfach nachlesen! (dd)


Zum Thema:

www.vogelglas.vogelwarte.ch


Kommentare:
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Besuchszentrum Schweizerische Vogelwarte in Sempach von :mlzd

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Erweiterung Museum Rietberg in Zürich von Adolf Krischanitz und Alfred Grazioli

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