Das 1959 eröffnete Goethe-Institut in Myanmar war das erste Institut in Südostasien. Doch bereits 1962 nach dem Putsch von General Ne Win musste es wieder schließen. Das Land litt unter Militärdiktaturen, bis vor wenigen Jahren ein Reformkurs eingeleitet wurde. Deutschland war das erste Land, das in diesem Zusammenhang ein Kulturabkommen mit Myanmar unterzeichnete. Dies machte den Weg frei für die erneute Gründung des Goethe-Instituts, das 2014 eröffnet und zunächst provisorisch untergebracht war.
Seit Juni zeigt sich die deutsche Kulturbotschaft in Yangon (ehemals Rangun) in einer schmucken Kombination aus Alt- und Neubau, die sie selbst als „eines der schönsten Goethe-Institute weltweit“ bezeichnet. Zu verdanken ist dies unter anderem dem Berliner Büro Oliver Gerhartz Architektur und seinem Partner TSSB. architekten. ingenieure (Berlin). Beide haben in enger Zusammenarbeit mit lokalen Firmen eine geschichtsträchtige Villa saniert und umgebaut. Außerdem ergänzten sie auf dem 4.100 Quadratmeter großen Gelände Neubauten für Bibliothek, Auditorium und Cafeteria.
Die Villa, in den 1920er-Jahren von einem britischen Industriellen im Kolonialstil errichtet und später von einem chinesischen Geschäftsmann umgebaut, ist ein historisches Symbol in Myanmar. In den 1940er Jahren war sie das Hauptquartier des burmesischen Volkshelden General Aung San. Aung San ist Vater der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi und kämpfte aus den Räumen der Villa gegen die ungeliebten britischen Kolonialherren. In den späten 1960er Jahren diente das Haus als Schule für bildende Künste, seit Anfang 2000 stand es leer. Jetzt sind in dem Haus Anmeldung, Verwaltung, Klassensäle und Lehrerzimmer untergebracht.
Die beiden Neubauten für Bibliothek und Auditorium auf 1.320 Quadratmetern sowie die Cafeteria auf circa 115 Quadratmetern entwarfen die Architekten in Anlehnung an den traditionellen Holzbau des Landes. In ihren Augen ist das ein wichtiger Aspekt für den Erfolg von interkulturellen Bauprojekten. Respekt bedeute, einen gemeinsamen Prozess zu verfolgen, der lokale Firmen und ihre Bauweisen einbinde, so Oliver Gerhartz. Die Architekten standen vor großen Herausforderungen, denn die Qualität der Ausbildung von Ingenieuren und Handwerkern in Myanmar entspricht meist nicht dem, was man aus deutscher Perspektive erwartet, weshalb die Ausführungsqualität oft leidet. Außerdem herrscht im Land eine Mangelwirtschaft. Doch bis auf die Dachdeckung konnten die Architekten alle Arbeiten an lokale Unternehmen vergeben.
Oliver Gerhartz habe, so erzählt er, hin und wieder selbst die Kelle in die Hand genommen und den Handwerkern vor Ort unübliche Techniken erklärt. Beim Bauprozess gebe es jeden Tag Überraschungen – und nur durch die Begleitung vom Plan bis zum fertigen Gebäude könne man flexibel auf diese reagieren. Doch der extreme Teamgeist und der Respekt voreinander hätten dazu geführt, dass die multikulturelle Baustelle (burmesisch, chinesisch, thai, philippinisch, japanisch, kambodschanisch, deutsch und englisch) ein derart erfolgreiches Ergebnis hervorbrachte.
Das Berliner Büro Oliver Gerhartz Architektur ist hauptsächlich mit Projekten im Ausland befasst. Dazu gehören die Deutschen Botschaften in Ankara und London sowie die Deutschen Generalkonsulate in Mumbai und Rio de Janeiro. (fm)
Fotos: Oliver Gerhartz
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