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09.08.2005
WeltKulturPalast
Neue Pläne zum Palast der Republik in Berlin - mit Kommentar
Kurz vor dem geplanten Abriss des Palastes der Republik in Berlin hat Anfang August 2005 das Berliner Büro Anderhalten Architekten einen pragmatischen Umbauentwurf der Öffentlichkeit vorgestellt.
Ausgehend von den Kosten eines Abrisses und der in absehbarer Zeit nicht finanzierbaren Schlossrekonstruktion schlagen Anderhalten Architekten eine kostengünstige Weiternutzung des Palastes vor, bis die 550 Millionen Euro für den Bau des Schlosses vorhanden sind. In nur zwei bis drei Jahren könnten die Sammlungen der Dahlemer Museen dort gezeigt und ein dem Pariser Centre Pompidou ähnliches Kulturzentrum etabliert werden.
Durch einen schnellen Ausbau der Stahlskelettkonstruktion könnte für 60 Millionen Euro Museumsstandard hergestellt werden, wodurch die Sammlungen früher die Museumsinsel ergänzen könnten als mit einem auf 15 bis 20 Jahre prognostizierten Schlossbau.
Das Konzept für einen „WeltKulturPalast“ sieht drei Nutzungsbereiche vor: Im früheren Trakt der Volkskammer soll ein „Labor für Gegenwartskunst“ mit einem Saal sowie Ausstellung und Darstellungsflächen für Malerei, Plastik, Musik, Videokunst, Konzerte usw. untergebracht werden, im Mittelteil über dem Eingang ist ein Skulpturensaal geplant, daneben in den Stockwerken um den Großen Saal soll es einen mehrgeschossigen Ausstellungsrundgang geben. Im Erdgeschoss seien Geschäfte und Cafés denkbar. Die Dahlemer Sammlungen würden in einer Art Schaudepot gezeigt werden. Es ließe sich eine Fläche von 106.000 Quadratmetern schaffen – fast das Doppelte dessen, was die Schlossrekonstruktion erwarten lässt.
Kommentar der Redaktion
Zwar sind Abriss des Palastes und Wiederaufbau des Schlosses vom Bundestag beschlossen, doch stellen sich angesichts leerer Kassen und unausgereifter Pläne, wie die Rekonstruktion letztendlich zu nutzen sei, selbst legislative Maßgaben als äußerst fraglich dar. Wunsch und Wirklichkeit liegen Welten voneinander entfernt. Zwar ist eine Entscheidung da, doch weiß niemand, wie sie umgesetzt werden soll. Die Finanzierungsinitiative Berliner Schloss unter Wilhelm von Boddien, die auf einen ähnlichen Spendeenthusiasmus wie bei der Dresdner Frauenkirche setzte, konnte bisher keine ernst zu nehmende Summe akquirieren. Eine Finanzierung durch privatwirtschaftliches Engagement wäre, wie das Beispiel der Braunschweiger Schloss-Arkaden zeigt, eher zu fürchten als zu begrüßen. Das Sammeln von 550 Millionen Euro lässt eine lange Zeit der Brache an der Stelle des Palastes der Republik erwarten.
Karl Ganser regte vor einigen Tagen an, wie bei einigen Industriebauten innerhalb der IBA Emscher Park, das Geld für den Abriss anzulegen und für Zwischennutzungen zu investieren, bis eine endgültige und finanzierte Lösung gefunden sei. Statt die Diskussion pro und contra Schloss weiterzuführen, ging es ihm dabei um ein Rechenmodell, eine pragmatische Alternative im Schwarz-Weiß der Meinungen.
Der Entwurf von Anderhalten Architekten stellt nun eine gestalterische Variante eines solchen alternativen Nutzungs- und Rechenmodells dar. Es wird kein Anspruch auf Dauerhaftigkeit formuliert, sondern eine Variante, wie eine absehbar Jahrzehnte lange Brachfläche auf dem Schlossplatz vermieden werden kann. Beispiele wie das Palais de Tokyo in Paris oder das Basler Schaulager haben gezeigt, dass eine depot-artige Präsentation von Kunst einen lebendigen und dynamischen Kulturbetrieb hervorbringen kann. Auch oder gerade durch geringe Mittel kann eine publikumsnahe und experimentelle Atmosphäre geschaffen werden, die auf jeden Fall einer innerstädtischen Wüste oder einer kommerziellen Grundstücksverwertung vorzuziehen ist. Bei dem Vorschlag von Anderhalten Architekten geht es weniger um Architektur als um Nutzungskultur, weniger um Ideologie als um Pragamtik. Es wäre ein bescheidener Eingriff, der Berlin zurzeit besser zu Gesicht stände, als ein überzogenes Prestigeprojekt.
Arne Winkelmann
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