Eines der langwierigsten und gleichzeitig prominentesten städtebaulichen Planungsvorhaben der Schweiz scheint jetzt zu einem guten Abschluss zu kommen: Am 4. März 2003 stellten die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) und die Stadt Zürich Planungsleitlinien für bislang unzugängliche Flächen entlang des Gleisfeldes am Züricher Hauptbahnhof vor. Diese Flächen seien „der zentralste Ort der Schweiz, der noch zu überbauen ist“, wie der Leiter der Immobilienabteilung der SBB bei der Pressekonferenz sagte.
Demnach ist nicht ein einzelnes, großes Bauprojekt geplant, sondern eine schrittweise Bebauung, die die umliegenden Quartiere an die Gleise heranführt und deren Maßstab aufnimmt. Eine Überbauung der Gleise ist, anders als bei Vorgängerprojekten, nicht geplant.
Die neuen Leitlinien wurden unter Beteiligung von namhaften Architekten entwickelt. Das erste Team ist eine Arbeitgemeinschaft der Büros Theo Hotz , Gigon/Guyer, Burkhalter/Sumi, das zweite besteht aus dem Büro Lamunière/Devanthéry (Genf), das dritte aus dem Büro Kees Christianse. In einem Begleitgremium wirkten überdies die Städtebauer Carl Fingerhuth, Thomas Sieverts und Silva Ruoss mit.
Allerdings wurden noch keine konkreten Architekturprojekte gezeigt, sondern städtebauliche Konzepte. Die Zürcher Baustadträtin Kathrin Martelli sagte: „Was wir Ihnen zeigen, sind keine fertigen Bilder, wie das Gebiet oder gar einzelne Gebäude entlang der Gleise beim Hauptbahnhof aussehen werden. Wer heute solche Bilder aus dem Hut zaubert, ist ein Taschenspieler und zielt nur auf den Effekt. Uns geht es nicht um den Effekt, sondern um eine effektive Planung.“
Planungen für die Überbauung des Gleisfeldes gibt es schon seit den siebziger Jahren. Damals erregte ein Entwurf von Luigi Snozzi und Mario Botta Aufsehen. Die Architekten schlugen ein schlankes Brückengebäude über die Gleise vor, welches die Barrierewirkung des Gleiskörpers überwinden sollte. Dieses Projekt wurde nicht weiterverfolgt, stattdessen tauchte in den achtziger Jahren für das Gelände eine wuchtige Gleisüberbauung des Architekten Ralph Baenzinger auf. Dieses „Eurogate“ genannte Projekt wurde vom Stadtrat im Jahre 1997 genehmigt, aber im Jahre 2001 vom Betreiber fallen gelassen.
Die neuen Planungen beziehen sich auf Flächen entlang der Zoll- und der Lagerstraße mit der Sihlpost sowie die Fläche des heutigen Bahnhofs Sihlpost an der Kasernenstraße. Das denkmalgeschützte Gebäude der Sihlpost aus den dreißiger Jahren, das 2006 seine Funktion verlieren wird, soll erhalten bleiben.
Die Eckpunkte der neuen Planung erläutert die SBB so: 1. Verzicht auf eine Gleisüberbauung; 2. eine Stadtstruktur, die eine hohe Nutzungsdurchmischung erlaubt; 3. eine schrittweise Entwicklung und 4. eine enge Zusammenarbeit mit der Stadt Zürich und der Bevölkerung.
Die Eckpunkte sollen in eine Vereinbarung zwischen Stadt, Bahn und Post einfließen, danach soll schrittweise, je nach Verfügbarkeit frei werdender Flächen, gebaut werden. Die ersten Bauarbeiten können demnach bereits im Jahre 2008 beginnen; im Jahre 2018 sollen alle Arbeiten abgeschlossen sein.