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04.07.2008
Die schlechte Botschaft
Neubau der Amerikaner in Berlin eingeweiht
Letzte Woche war hier noch EM-Fanmeile, gestern wenigstens noch hochsommerliches Wetter, doch heute, am 4. Juli, dem amerikanischen Unabhängigkeitstag, hängen schwarze Wolken tief über dem Platz vor dem Brandenburger Tor. Eine rothaarige Lehrerin scheucht desinteressierte Jugendliche mit Heavy-Metal-Shirts durch den strömenden Regen. Überall Budenzauber, Frozen Yoghurt, Chinapfanne. Die Amerikaner feiern. Feiern die Einweihung ihrer neuen Botschaft am Pariser Platz in Berlin, an der seit 1995 geplant wurde. Der Berg kreißte und gebar – eine Maus.
Viele halten es ja schon für einen politischen Erfolg, dass die Amerikaner überhaupt an diesem innerstädtischen Standort festgehalten haben. Nachdem sie 1998 ihre Sicherheitsanforderungen verstärkt hatten, war erwogen worden, den historischen Standort am Brandenburger Tor aufzugeben und irgendwo auf die terrorsichere grüne Wiese zu ziehen. Das hat die Politik in zähen Verhandlungen verhindert, weil man aus städtebaulichen Gründen den Botschaftsbau gern an dieser Stelle, der letzten Baulücke am Pariser Platz, sehen wollte. Doch die Kompromisse, die dadurch nötig wurden, sind nicht zu übersehen und fügen der Architektur schweren Schaden zu.
Man mag sowieso darum streiten, ob der postmoderne Entwurf, mit dem Moore Ruble Yudell 1995 den Wettbewerb gewonnen haben, jemals angemessen war. Damals schon hoffnungslos veraltet, atmet das Design die aufgeregten Moden der frühen achtziger Jahre – selbstverständlich irgendwie auch mit Thomas-Jefferson-mäßiger Rotunde. Fragwürdig genug, aber dann kamen auch noch die Sicherheitsexperten: Historische Straßenverläufe der barocken Friedrichstadt wurden umgelegt, überall Poller und Zäune in die Erde gerammt, die Fenster bombensicher ausgestaltet. Sobald man an eines der klobigen Fensterprofile in der Behrenstraße klopft, kommt eine dicke Polizistin angelaufen und fragt streng, ob sie helfen kann.
Die amerikanische Botschaft im Herzen der deutschen Hauptstadt hat außen den Charme einer Gefängnisanlage. Alles wirkt ungekonnt und klobig. Das fünfgeschossige Gebäude macht in manchen Partien den Eindruck eines gründerzeitlichen Fabrik-Hinterhauses, dem man unpassend proportionierte Plastikfenster eingesetzt hat. Die asymmetrisch geteilten Fenster an den Schauseiten mit ihren darüberliegenden horizontalen Lamellen sollen offenbar an die klassische Moderne erinnern – was auch misslungen ist. An der Ecke Behrenstraße/Ebertstraße wächst sogar ein verglaster Kasten aus dem Naturstein-Baukörper – nicht als Ausguckposten, sondern als Schaufenster für ein übermannsgroßes Gemälde. Hier wollen die Amerikaner Offenheit und Transparenz demonstrieren, die Phalanx der davor aufgebauten privaten Sicherheitsleute erreicht jedoch den genau gegenteiligen Eindruck.
Eine Besichtigung des Inneren wurde uns verwehrt, auch zugesagte aktuelle Fotos kamen nicht an. Von denen, die drin waren, ist zu hören, dass der Innenhof eine angenehme Anmutung habe und dass die Mitarbeiter im Inneren in Großraumbüros sitzen und viele davon kein Tageslicht sehen. Das sind dann amerikanische Angestellte. Den deutschen Mitarbeitern verbietet das Arbeitsrecht eine solche Position: Sie sitzen am Fenster. Selbst wenn also ein Terrorist die Botschaft über die Fenster angreifen würde, er würde gar keinen Amerikaner treffen – ein weiteres Paradox dieses widersprüchlichen Baus.
Benedikt Hotze
Im Zusammenhang mit der Eröffnung der amerikanischen Botschaft zeigt die Galerie Aedes ab dem 5. Juli eine Dreifachausstellung „Inside USA“. Eine der drei Ausstellungen widmet sich dem neuen Botschaftsgebäude.
Ausstellung 5. Juli bis 7. September 2008, Di-Fr 11-18.30 Uhr, Sa/So 13-17 Uhr
Eröffnung: 5. Juli 2008, 18.30 Uhr
Ort: Aedes am Pfefferberg, Christinenstr. 18-19, 10119 Berlin
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